Bergedorf. Unsere neue Serie „Kurzbesuch aus der Politik“ startet mit dem Fraktionsvorsitzenden der Christdemokraten. Wer sein Vorbild ist.
Auftakt zur neuen Serie: Kurzbesuch aus der Politik. Die Bergedorfer Zeitung lädt in die neuen Redaktionsräume in der Chrysanderstraße 1 jeweils einen Vertreter aus den in der Bezirksversammlung sitzenden Fraktionen ein – der von diesen selbst bestimmt wird – und zeigt ihr neues Zuhause, dann wird geredet. Den Auftakt macht der CDU-Fraktionsvorsitzende Julian Emrich (37), seit 2009 Mitglied im wichtigsten politischen Gremium des Bezirks. Redakteur Jan Schubert spricht mit ihm über Erziehung in Corona-Zeiten und seine Rolle als Hoffnungsträger.
bz: Ihr Sohn Max kam im Jahr 2018 noch vor der Corona-Pandemie zur Welt. Wie herausfordernd ist es, als junge Familie oder junger Vater, in diesen Zeiten Kinder zu erziehen?
Julian Emrich: Insbesondere der Lockdown war eine schwierige Zeit, weil meine Frau Yvonne als Bankkauffrau und ich als Versicherungskaufmann Vollzeit arbeiten. Uns sind gleichzeitig Kinderbetreuung und Kontaktmöglichkeiten komplett ausgefallen. Zum Glück konnten wir beide von zu Hause aus arbeiten, uns im Schichtdienst organisieren oder parallel arbeiten, wobei einer noch Max bespaßt hat.
Also finden Sie sich in den diversen TV-Reportagen gut wieder, in denen die Kinder ihren arbeitenden Eltern auf der Nase rumgetanzt haben?
Wir haben es insgesamt gut aufgeteilt. Man hat eben nicht das geschafft, was man schaffen wollte. Da mussten wir Zeit hinten dranhängen, wenn der Kleine abends geschlafen hat. Doof war für Max, dass die Freunde nicht kommen durften. Ein harter Schnitt, wir haben es auch strikt durchgezogen.
Wie konnten Sie es ihm erklären?
Wir haben einfach gesagt, dass so viele krank sind und wir uns einfach nicht treffen können. Bis auf seinen dritten Geburtstag. Der fiel in die Zeit der Lockdowns, den haben wir dann mit seinem besten Kumpel als Zwei-Mann-Party gefeiert.
Finden Sie aus Elternsicht betrachtet, dass Kinderinteressen in der Politik genug berücksichtigt werden?
Ich selbst habe ja mal ,Jugend im Parlament’ in Bergedorf auf die Beine gestellt und glaube: Wenn man solche Angebote macht, wird Politik von Kindern und Jugendlichen stärker wahrgenommen. Es gibt auch genug Beteiligungsverfahren wie zum Beispiel bei Spielplätzen. Hingegen glaube ich, dass bei städtebaulichen Fragen nicht so das Interesse da ist. Dort, wo Kinder ihre Interessen haben und die schnelle Umsetzbarkeit gewährleistet ist, kann man sicher mehr machen. Andererseits bringt es nichts, wenn die Zuständigkeiten nicht im Bezirk liegen oder die Realisierung einer Idee 20 Jahre und länger dauert.
Wie kinderfreundlich finden Sie den Bezirk Bergedorf?
Sehr kinderfreundlich. Wir haben tolle Spielplätze und viele Freiflächen im Gegensatz zu Hamburg. Ich fahre mit dem Kleinen gern ins Naturschutzgebiet am Vierländer Bahndamm entlang.
Sie sprachen das Jugendparlament gerade an. Wie sind Sie eigentlich in die Lokalpolitik gelangt?
Weil wir damals am Gymnasium Lohbrügge guten Politik-Unterricht hatten, bin ich in eine Partei eingetreten. Wir sollten alle Parteiprogramme durchackern – das habe ich tatsächlich auch gemacht, da hatte ich Spaß dran. Ich bin bei der CDU hängengeblieben. Damals stand zur Bundestagswahl 2002 Edmund Stoiber zur Wahl.
Und wie war Ihre Premierensitzung als Lokalpolitiker für die CDU?
Ich weiß noch, wie aufgeregt ich war. Das war bei einem Ortsausschuss am Kurfürstendeich im Unterausschuss Grün. Mit kleinsten Themen wie Baumnachpflanzungen und Parkbänke, die aber trotzdem bearbeitet und bewegt werden müssen. So bin ich in der Politik angekommen, habe mich aufstellen lassen und bin im Jahr 2009 Bezirksabgeordneter geworden, übrigens als Nachrücker.
Gab es ein Vorbild in der Politik?
Friedrich Merz. Er hat Anfang der 2000er-Jahre ein tolles Buch namens „Mut zur Zukunft“ geschrieben. Das hat mich total gefesselt und war ein weiterer Grund, warum ich in die CDU eingetreten bin.
Soll Ihr noch kleiner Sohn mal auf Ihren politischen Spuren wandeln?
Das überlasse ich ihm. Zwang oder Druck auszuüben ist völlig falsch. Meine Eltern wählen auch CDU, haben aber nie gesagt: „Werd’ mal was im politischen Beritt!“ Es kam immer aus eigenem Antrieb.
Seit ziemlich genau einem Jahr sind Sie nun Bergedorfs CDU-Fraktionsvorsitzender. Wie ist denn so das Gefühl, Hoffnungsträger zu sein?
Ich fühle mich gut damit und freue mich über die Unterstützung meiner Kollegen. So fällt es mir leicht, meine Position auszuüben. Ich gehe voran, aber es ist keine One-Man-Show bei uns, weil ich viele fleißige Kollegen habe.
Wie haben Sie sich selbst in dem Jahr verändert?
Vielleicht bin ich deutlicher in den Botschaften, ein Stück weit angriffslustiger und selbstbewusster geworden, was klare Positionen zu bestimmten Themen angeht. Am Ende darf ich das nach vorn tragen, was die Fraktion mir mitgibt.
Welches Projekt wollen Sie persönlich in diesem Jahr beenden oder starten?
Wir beschäftigen uns für unser Haus mit der Anschaffung einer Fotovoltaikanlage. Das kriegen wir wohl leider bis zum Jahreswechsel nicht mehr hin, frühestens im Frühjahr 2023 scheint das realistisch.
Und welchen Wunsch haben Sie, wenn Sie auf die Weltlage schauen?
Frieden. Wir können der Ukraine das aber nicht um jeden Preis aufzwingen, müssen ihre Interessen stets berücksichtigen.