Bergedorf. Baugenossenschaft Bergedorf-Bille investiert 80 Millionen Euro im Bergedorfer Tor. Dort entsteht sogar eine Riesen-Kommune.

Im Herbst 2022 beginnt für die Baugenossenschaft Bergedorf-Bille eine neue Ära: Dann wird die Genossenschaft mit allen 80 Mitarbeitern ihren Hauptsitz von der Bergedorfer Straße 118 knapp 450 Meter weiter an das neue Bergedorfer Tor verlegen. Die Bergedorf-Bille hat dann deutlich mehr Platz für ihre Verwaltung und alle anderen Abteilungen, belegt Flächen vom Erdgeschoss bis zum 3. Stock. Zudem baut sie zur Stuhlrohrstraße hin 93 Mietwohnungen. Insgesamt 80 Millionen Euro investieren die Baugenossen in Bergedorfs Zentrum, schaffen damit auch Büro- und Praxisflächen.

Die noch aktuellen Räume an der Kreuzung Vierlandenstraße seien „zu eng“ geworden, sagt Bille-Geschäftsführer Marko Lohmann. Schließlich habe die Genossenschaft in den 1960er-Jahren am Standort einst mit zwölf Mitarbeitern begonnen. Lohmann freut sich über deutlich verbesserte, zeitgemäßere Arbeitsbedingungen für seine Belegschaft. Und: „Für unsere Mitglieder ist wichtig, dass wir in Bergedorf und damit greifbar bleiben.“ Zurzeit zählt die Bergedorf-Bille 24.000 Mitglieder und hat einen Bestand von 9500 Wohnungen – 80 Prozent davon sind in Bergedorf gebaut worden.

Kaltmieten zwischen 6,80 und 14,60 Euro pro Quadratmeter

93 neue werden nun im Herzen Bergedorfs hinzukommen, Zwei- bis Vierzimmerwohnungen zwischen 45 und 100 Quadratmetern zu Mietpreisen zwischen 6,80 und 14,60 Euro je Quadratmeter. 51 Wohnungen sind frei finanziert. Bei den öffentlich geförderten Wohnungen sind 23 an die Einrichtung „Leben mit Behinderung“ vermietet, 19 weitere stehen denjenigen zur Verfügung, die einen Wohnberechtigungsschein vorweisen können. Ab Mitte April beginnen die Vermietungen, dabei genießen Genossenschaftsmitglieder Vorrang, „aber auch Nichtmitglieder haben die Chance, an Wohnungen zu kommen“, sagt Merve Felsberg, Verantwortliche für die Wohnungsvermietung im Bergedorfer Tor.

Bis Mitte April läuft auch die Bewerbungsphase für die Gewerbeflächen, die sich in den drei Stockwerken über der Bergedorf-Bille und in zwei Eckbereichen im Erdgeschoss befinden. Zwar mag Matthias Wulff (Abteilungsleitung Vermietung im Bergedorfer Tor) keine Firmennamen nennen, „doch wir werden nichts haben, was eine Konkurrenz zum CCB darstellen könnte“. Gespräche mit rund 1500 Interessanten für Büro- und Praxisflächen zwischen 75 bis 2000 Quadratmeter seien im Gang, der Einzug der neuen Mieter ist zum vierten Quartal 2022 geplant.

Riesen-Kommune: Wohnprojekt Bergedorf 3 als alternative Lebensform

Der neue Gebäudekomplex der Bergedorf-Bille bietet auch unterschiedliche Wohnformen. Wie das Wohnprojekt Bergedorf 3, das ein generationenübergreifendes Wohnen ermöglichen soll.

Der eine ist stark, der andere geschickt. Der Nächste mag Theaterschauspieler, sein Nachbar wiederum Radfahren an der frischen Luft. Oder wie wär’s spontan mit einem „Puschenkino“-Abend oder einer gemeinsamen Hunderunde? Ein Geben und Nehmen, eben ein richtiges Miteinander soll es werden im „Wohnprojekt Bergedorf 3“. Vor zehn Jahren gründete sich jener Verein, der gemeinschaftliches, generationenübergreifendes und multikulturelles Wohnen möglich machen möchte. Nun endlich sollen die Mitglieder ihre Idee als Baugemeinschaft im Neubauvorhaben Bergedorfer Tor umsetzen und leben dürfen.

Bergedorf 3 belegt 17 Wohnungen

Es war im August 2021, als sich die Baugenossenschaft Bergedorf-Bille für ihren Wohnungsbauteil im Bergedorfer Tor eben mit dieser alternativen Wohnform auseinandersetzte. Quartiersentwicklerin Sabine Brahms von Bergedorf-Bille fand die Idee charmant, hatte zunächst kein Grundstück – bis ihr das Bergedorfer Tor einfiel. Die Bergedorf-Bille bietet „B3“ ein kleines Wohnprojekt in der Stuhlrohrstraße 13 c an. „Sie übernehmen die Kümmerer-Rolle im Quartier. Das schafft einen Mehrwert“, sagt Brahms.

17 Wohnungen (zwei bis vier Zimmer, 48 bis 100 Quadratmeter, mal frei finanziert, mal öffentlich gefördert) über fünf Stockwerke sind für „B3“ vorgesehen. Eines der Gründungsmitglieder des Vereins, Birgit Windmüller, kann kaum mehr bis zum Einzug warten – wenn sie denn berücksichtigt wird: „Ich träume davon, dass ganz verschiedene Menschen nicht nur in einem Haus miteinander leben, sondern einander dort gut kennenlernen, respektieren, etwas miteinander unternehmen, Sachen austauschen, jeder seine Qualitäten einbringt und dafür etwas zurückerhält.“ Dafür interessieren sollen sich nicht nur Einzelpersonen jeden Alters, sondern auch junge Familien sind willkommen – bisher ist fast ausschließlich die Generation 60plus vertreten, was sehr gern diverser werden darf. Oder wie es Windmüllers Mitstreiter Hans Ruzanska frei nach Hannes Wader formuliert: „Lebe einsam und frei wie ein Baum, dabei aber brüderlich wie ein Wald.“

Gemeinschaftsraum im Haus des Wohnprojekts

Dazu wird es im B3-Haus einen „Bergedorf-Bille-Treffpunkt“, also einen Gemeinschaftsraum für vielerlei spontan wählbare Aktivitäten geben. Wer mehr zu dem Thema erfahren möchte, surft im Internet auf die Seite bergedorf3.de.

Verschiedene Wohnformen nah beisammen im neuen Quartier anbieten – das gefiel Marko Lohmann, Chef der Bergedorf-Bille, seit jeher. Nur ein paar Meter weiter im selben Gebäudekomplex wird seine Baugenossenschaft zum Herbst 2022 ihre neue Heimat beziehen. Die Bergedorf-Bille ist seit Jahrzehnten prägend fürs Stadtbild, hat 80 Prozent der 9500 gebauten Wohnungen im Bezirk Bergedorf realisiert.

Derzeit verwirklicht die Bergedorf-Bille 270 Wohnungen. Längst nicht nur in Bergedorf und Umgebung wie zuletzt an der Sterntwiete, wo kürzlich 86 Wohnungen fertiggestellt wurden, oder in der Geesthachter Hafen-City, sondern auch am Strandkai in Hamburgs Innenstadt oder in Billstedt. Auch über die Zukunft der bisherigen Bille-Zentrale in der Bergedorfer Straße 118 wird gesprochen. Gegenwärtig läuft ein Workshop-Verfahren mit Architekten. „Vor zwei Jahren dachte man, wir reißen ab und bauen hier neue Wohnungen“, berichtet Marko Lohmann. Nun werde aber eine Nachnutzung mit Cluster-Wohnungsbau, also Wohnungen für sehr große WG’s, favorisiert.