Lohbrügge. Irmgard und Jürgen Andorf feiern am 9. März diamantene Hochzeit. Glücklich ist das Paar aus Lohbrügge noch immer.
„Mit zwölf Zentimeter hohen Absätzen und riesiger Hochsteckfrisur bin ich meinem Mann das erste Mal begegnet. Da konnte ich beim Tanzen über ihn hinweggucken“, sagt Irmgard Andorf (85) lachend. Dabei habe ihre Freundin ihr davon abgeraten – der Mann sei klein, habe sie gesagt. „So fing alles an.“ Heute sitzt sie neben Jürgen Andorf (86) auf dem Sofa in ihrer Wohnung in Lohbrügge.
Das Ehepaar grinst sich an, boxt sich spielerisch in die Seite. 60 Jahre sind Irmgard und Jürgen Andorf am 9. März 2022 verheiratet – ein großes Jubiläum: diamantene Hochzeit. Verliebt wirken die beiden noch immer. Den Hochzeitstag verbringt das Paar in Binz auf Rügen. Mit der ganzen Familie feiern die beiden daher schon an diesem Wochenende.
In der Großen Freiheit 36 hat er sie um Tanzen aufgefordert
1958 hat das Paar sich kennengelernt – in Hamburg auf der Reeperbahn. Das klingt richtig modern, gar nicht nach Nachkriegszeit, finden die beiden. „Schon genau ein Jahr vorher, also 1957, wollte meine Freundin mich bei ihrer Verlobung mit ihm verkuppeln“, erzählt Irmgard Andorf. Aber dann sei sie doch nicht zur Verlobung gekommen. Stattdessen habe die damals 25-Jährige Jürgen Andorf genau ein Jahr später auf der Reeperbahn getroffen, als die Gruppe zum Jubiläum der Verlobung unterwegs war.
In der Großen Freiheit 36, noch heute ein beliebter Konzertsaal, habe er sie um Tanzen aufgefordert. „Da habe ich im Leben nicht gedacht, dass wir mal heiraten würden“, so Irmgard Andorf. Generell, heiraten, das habe die gebürtige Schlesierin eigentlich nie gewollt. „Beim Tanzen habe ich über seinen Kopf hinweg noch mit anderen Freunden Grimassen geschnitten“, erzählt sie amüsiert. Dann habe der damals 26-Jährige sie mit dem Auto nach Hause gebracht. „Auf dem Weg ist der Wagen dreimal abgesoffen, bestimmt vor Aufregung“, so Irmgard Andorf. Da müssen beide lachen.
Drei Kinder, vier Enkel und sogar ein Urenkel
„Beim nächsten Treffen hat Irmgard mich ohne Karte auf einen Tanzball geschmuggelt, auf den ihr Vater beruflich eingeladen war“, so Jürgen Andorf, der in Barmbek aufgewachsen ist. Vier Jahre später haben die beiden geheiratet. „Ganz unkompliziert: Ich hatte mein schönstes Sonntagskleid an und Jürgen seinen einzigen Anzug“, sagt Irmgard Andorf. Für die „Flitterwochen“ seien sie ein Wochenende nach Zernien in Niedersachsen gereist.
„Wir hatten ein kleines Zimmer gemietet und haben in einem Gasthof Kartoffelsalat und Würstchen gegessen“, erinnert Irmgard Andorf sich. In den Jahren darauf bekamen sie drei Kinder – mittlerweile sind vier Enkel und sogar ein Urenkel dazugekommen. Nach ihrer ersten gemeinsamen Wohnung in Wandsbek zogen sie nach Lohbrügge – 1978 bauten sie eine Doppelhaushälfte in Nettelnburg und zogen später wieder zurück Lohbrügge.
Immer aussprechen lassen, unterstützen und anerkennen
Als Schiffsmonteur war Jürgen Andorf oft mehrere Wochen am Stück auf Reisen. „Aber das hat die Liebe immer wieder aufgefrischt. Weil man die gemeinsame Zeit richtig genossen hat “, sagt Irmgard Andorf, die eine Meisterprüfung in Hauswirtschaft gemacht hat. Später war sie Karteiführerin in einer Firma, vergleichbar mit einer heutigen Bürokauffrau. Als Mutter sei sie dann gerne Hausfrau gewesen, habe sich viel ehrenamtlich engagiert.
Und was ist das Geheimnis einer so langen Beziehung? Dass man sich immer ausspricht, einander unterstützt und anerkennt – da sind die beiden sich einig. „Meinen Job und meine Zeit als Hausfrau hat Jürgen auch immer anerkannt. Er hat das nie negativ als ,Hausfrauending’ abgetan“, erinnert sich die 85-Jährige. Genauso habe sie seinen zeitaufwendigen Beruf akzeptiert. „Gestritten haben wir uns nie richtig. Auch wenn das kaum vorstellbar ist“, sagt die dreifache Mutter.
Die schönste gemeinsame Reise: eine zehntägige Kreuzfahrt
Wenn die beiden an ihre schönste gemeinsame Reise denken, fällt ihnen unter anderem eine zehntägige Kreuzfahrt ein – über Madagaskar, Sansibar und andere afrikanische Inseln. „Da haben wir uns amüsiert, wir waren jung und hatten mal keine Pflichten“, so Irmgard Andorf. Heute unternehmen sie immer noch viel gemeinsam: Jede Woche gehen sie zum Tanzkurs, treffen sich mit Freunden zum Essen oder Karten spielen, gehen ins Theater oder auf Konzerte. 60 Jahre Ehe – und sie hätten nichts zu bereuen, versichern beide lächelnd.