Bergedorf/Neuallermöhe. Helge von Appen, Chef der Rettungsschwimmer, hört auf. Nun droht die Badeaufsicht an mehreren Hamburger Gewässern wegzufallen.
Der Rettungsschwimmer-Verein „SiWa – Sicheres Wasser“ steht nach 15 Jahren unmittelbar vor dem Aus. Helge von Appen, seit eben 2006 Vorsitzender des Vereins, wird zur Jahreshauptversammlung am 3. September seinen Posten abgeben. Da die bisherige Suche nach einem Nachfolger erfolglos blieb, droht SiWa die Auflösung. Damit würde an drei Gewässern im Verbreitungsgebiet die Badeaufsicht wegfallen.
Von Appen (60) begründet seinen Rückzug hauptsächlich mit „gesundheitlichen Gründen“ – zudem wird der Berufsfeuerwehrmann im November in den Ruhestand gehen und möchte mehr Zeit für die Familie haben. Es ist aber keineswegs so, als wäre von Appen nicht schon länger bemüht, einen Nachfolger zu finden. Vier bis fünf perfekt geeignete Kandidaten habe er auch angesprochen, „doch die meisten sagen, sie hätten keine Zeit“, musste sich „Mr. SiWa“ stets dieselbe Absage anhören. „Ich habe mein Aquarium abgefischt“, sagt der SiWa-Verantwortliche, der sich um Technik, Ausbildung, Einsatzgeschehen und Verwaltung im Verein kümmert.
Auch die Stellvertreterin hört auf
SiWa finanziert sich aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen, die Rettungsschwimmer erhalten vom Bezirksamt für ihre Aufsicht am Allermöher See und im Sommerbad Altengamme finanzielle Zuwendungen. Zudem wird die Badelagune Müssen von SiWa betreut. Gerade in Altengamme hatte die Verwaltung den Deal mit SiWa erst im Februar 2020 abgeschlossen.
Zeit bleibt für die Retter noch bis zum übernächsten Freitag, eine neue Führungskraft zu finden. Dann kommt SiWa zur Jahreshauptversammlung in der Neuallermöher Franz-von-Assisi-Kirche zusammen. Bei diesem Anlass wird auch Monika Retzlaff (61) als Stellvertretende Vorsitzende aufhören.
Damit fielen zwei Drittel des Vorstands weg, der Verein wäre somit handlungsunfähig. Es bräuchte zumindest übergangsweise einen stellvertretenden Vorsitzenden, weiß Retzlaff: „Man sollte sich bewusst machen: Wenn SiWa sich auflöst, wird es keine Badeaufsicht mehr geben.“ Der Neuaufbau eines ähnlichen Vereins würde Jahre dauern, mahnt Retzlaff.
Die Ausbildung der Rettungsschwimmer litt unter Corona
Zudem ist der 142 Mitglieder zählende Verein auch derzeit, was aktive Rettungsschwimmer angeht, in einer prekären Lage. Corona-bedingt konnten im Jahr 2020 lediglich fünf, in diesem Jahr gar keine Retter ausgebildet werden. Die fehlenden Kräfte machten sich in diesem Jahr bemerkbar. An drei Tagen konnte SiWa den Wachdienst am Allermöher See nicht besetzen.
Gerade in Neuallermöhe, wo an heißen Tagen bis zu 5000 Menschen ans Wasser kommen, ist SiWa gut vernetzt und hat sich viel Akzeptanz erarbeitet. Dort ertranken vor dem Jahr 2014 zwei Kinder, was den Ruf nach Rettungsschwimmern umso lauter werden ließ. Die SiWa-Schwimmer haben seither nachweislich sechs Menschen aus dem Badesee vor dem Ertrinken gerettet. „Wenn wir nicht dagewesen wären, dann wären diese Menschen gestorben“, sagt Helge von Appen.
Die Suche im Wasser zu verkürzen und somit Überlebenschancen zu erhöhen, war stets die Intention des 60-Jährigen, der seine Rettungstruppe mit den Jahren immer besser ausstatten konnte, zum Beispiel mit einem Sonar-Rettungsboot. Nun braucht sein Team personelle Hilfe: „Meine Nachfolge wird nicht alleingelassen“, verspricht von Appen, der im SiWa-Einsatzwesen weitermacht und einem neuen Vorsitzenden beratend zur Seite stünde.