Bergedorf. Seit 2. November 2020 lief nichts mehr. Nun soll es am 1. Juli wieder losgehen. Verstimmung um nicht einheitliche Corona-Auflagen.

Wie gut, dass die Macher im Bergedorfer Kino das vor dem Restart bemerkten: Vergangenen Donnerstag zu Beginn ihres „soft openings“, der Testwoche im Hansa Filmstudio, streikten zunächst in Saal 1 und 2 die Projektoren, riss in Saal 3 zudem eine Seilwinde des Vorhangs. Doch mit ein paar Handgriffen sind diese Schwächen behoben. Und wenn nun am Donnerstag, 1. Juli, die überwiegende Mehrheit deutscher Kinos offiziell wieder öffnen wird, freut sich auch das Hansa-Geschäftsführer-Duo John Barsoe und Dieter Lange, im Wochen-Rhythmus „coole Filme“ zeigen zu dürfen. Ein Ärgernis bleibt aber: die Ungleichheit von Bundesland zu Bundesland bei den Corona-Regeln.

Der Horror-Thriller „Conjuring 3“ bereits ab Donnerstag, danach die Superheldin-Saga „Black widow“ (8. Juli) gefolgt vom Raser-Spektakel „Fast&furious 9“ (15. Juli) und dem Animationshit „Space Jam II“ (22. Juli) – es ist genug vielversprechender Filmstoff vorhanden, weil Kinos, Verleiher und Verbände bereits im Mai einen einheitlichen Neustarttermin verabredet und speziell die Verleiher Planungssicherheit bekamen.

Im Sommer 2020 gab es kaum neue Filme zu sehen

Das sah noch im Sommer 2020 ganz anders aus, als Kinos zwar öffnen durften, es aber keine neuen Streifen zu sehen gab. Merke: Blockbuster starten nur dann, wenn viele Kinos öffnen. Barsoe erklärt einen weiteren glücklichen Umstand, warum so viele neue Produktionen gerade jetzt starten: „Entscheidend ist der US-Markt. Deren Kinos machen im Sommer das Hauptgeschäft.“

Bei aller Freude über die geglückte Absprachen innerhalb der Kinoindustrie – Unverständnis bleibt bei Barsoe und Lange über die Hamburger Politik: „Es kann doch nicht sein, dass ein paar 100 Meter weiter alle Zugangsbeschränkungen fürs Kino fallen. Warum nicht auch in Hamburger Kinos?“ Denn wer ins Bergedorfer Kino möchte, muss die „drei Corona-Gs“ erfüllen: genesen, geimpft oder aktuell getestet. In schleswig-holsteinischen Lichtspielhäusern ist diese Regelung aufgehoben worden.

Bis zu 50 Prozent der Plätze können vergeben werden

Der Kinogenuss im Sommer 2021 ist kein ganz leichter und schon mal gar nicht spontan möglich: Barsoe und Lange müssen vor der Eingangstür einen Mitarbeiter abstellen, der Impfausweis oder Negativtest prüft. Erst dann geht es mit Mund-und-Nasenschutz in einen der drei Säle, die Maske darf tatsächlich nur zum Verzehr von Getränken oder Snacks abgenommen werden, muss eigentlich während des gesamten Films getragen werden. Pro Saal bleibt immer eine Sitzreihe und zwischen jeder Gästegruppe (bis zu zehn Personen aus zehn Haushalten) ein Platz frei. So könnten ab Donnerstag in jedem Saal bis zu 50 Prozent der Sitzplätze vergeben werden. Und auch das ist vorgeschrieben: Obligatorisch ist beim Kinobesuch die Registrierung der Kontaktdaten.

Wie gesagt: Kinobesuch ist nicht gleich Kinobesuch. Die regional wenig einheitlichen Regelungen sind auch Hauptkritikpunkt des HDF Kino, der zentralen Interessengemeinschaft der Kinobetreiber in Deutschland. Die Corona-Auflagen glichen einem „Flickenteppich“, der „teilweise noch ungeklärt, intransparent oder nicht verhältnismäßig“ sei. Im Hinblick auf weiter fallende Inzidenzen und wissenschaftlich bestätigte geringe Aerosolbelastung im Kino fordert der HDF Kino deswegen unter anderem die Aufhebung der Maskenpflicht am Sitzplatz und der Zutrittskriterien der „drei Corona-Gs.“

Einen weiteren Lockdown werden die Kinos nicht überleben

Trotz Unwucht bei den Auflagen ist John Barsoe überzeugt, dass Bergedorfs Filmfans spätestens ab Donnerstag vermehrt kommen werden: „Filme wie ,Black widow’ werden einen Ansturm auslösen.“ Die Testwoche bewies: Kamen am Starttag nur 25 Gäste, die aus acht unterschiedlichen Filmen wählen konnten, waren es am Sonntag schon 48 Besucher.

Dieter Lange teilt den Optimismus: „Sollte sich die Kinolandschaft erholen, haben auch unsere Erweiterungspläne weiter Bestand.“ Das Hansa Filmstudio möchte einen weiteren großen Multiplex-Saal bauen. Ein Szenario beunruhigt jedoch: Sollte es eine weitere Corona-Welle und damit einen neuerlichen harten Lockdown geben, sehen die Kinoexperten eher schwarz: Eine weitere monatelange Schließung könne Bergedorfs Kino nicht verkraften, wissen Barsoe und Lange ganz genau.