Lohbrügge. 200 Mitglieder und 39 ehrenamtliche Sterbebegleiter sind seit Mai 2001 dabei. Und noch immer träumen sie von einem Hospiz im Bezirk.

Es ist schwierig, dieses Tabuthema aus der gesellschaftlichen Nische herauszuholen. Auch nach 20 Jahren. „Weil zum Leben das Sterben gehört“ – das mag kein populärer Slogan sein für das, was die etwa 200 Mitglieder und 39 ehrenamtlichen Sterbebegleiter des Hospizdiensts Bergedorf seit Mai 2001 leisten. Und noch immer müssen sie von einem Hospiz im Bezirk träumen.

Vordenker des Bergedorfer Hospizdienstes waren Ute Behrendt, Ute Strauch, Maren Neumann und auch Marcus Althoff. Der damals 31-Jährige brachte als Bezirksversammlungsabgeordneter der Bergedorfer CDU zunächst die Idee eines Kinderhospizes in die öffentliche Diskussion, „weil wir Anfang des Jahrtausends bei der Sterbebegleitung in Bergedorf unterversorgt waren und ein Hospiz gänzlich fehlte“.

80 Gäste kamen zu einen Infoabend in den ehemaligen Schützenhof

Der Vorstoß wurde erst mal abgeblockt – doch schon wenig später besuchten rund 80 Gäste einen Infoabend im ehemaligen Lohbrügger „Schützenhof“, und „plötzlich war auch Lohbrügges Katholische Kirchengemeinde St. Christophorus bei der Idee eines Hospizdienstes dabei“, erinnert sich Althoff.

„Hospiz in Bergedorf e.V.“ hieß der am Anfang – seinerzeit der zweite in ganz Hamburg neben einer Einrichtung für Aidskranke auf St. Pauli. Zunächst agieren Althoff und Co. an der Riehlstraße auf dem St. Christophorus-Gelände in einem kleinen Büro über der dortigen Kita. Vorstandssitzungen mussten etwas improvisiert und bei leckeren Speisen in Ute Behrendts Wohnzimmer organisiert werden.

Sterbebegleiter hatten nichts mit Robert Kusch zu tun

Doch es entwickelte sich: Schon im April 2002 wurde eine Hospiz-Hotline etabliert. Ganz wichtig, weil menschliche Tragödien immer spontan entstehen. „Das hat uns vom Start weg ausgezeichnet, diese Erreichbarkeit 24 Stunden am Tag“, weiß Anne-Marie Stüven, ihres Zeichens bereits seit 2005 Vereinsvorsitzende des Hospizdienstes Bergedorf. Mittlerweile haben die Ärztin aus Nettelnburg und ihre Mitstreiter es wohl geschafft, falsche Bilder in den Köpfen zu korrigieren: Die Bergedorfer Sterbebegleiter hatten nie etwas mit der Sterbehilfe-Initiative des ehemaligen Hamburger Justizsenators Roger Kusch zu tun, die der Mann im Jahr 2007 vor allem medial befeuerte.

Im selben Jahr wurden dann die ersten Ausbildungskurse für Sterbebegleiter in Eigenregie angeboten. Gleich dabei war die damals frisch nach Boberg zugezogene Irmgard de Veer. „Das habe ich nie bereut“, sagt sie heute rückblickend. Gleich ihr erster „Fall“, eine alleinstehende Lohbrüggerin, begleitete de Veer über sechs lange Jahre, besuchte sie jede Woche. „Daraus wurde über die Zeit eine echte Freundschaft“, sagt die heute 83-Jährige.

Auf der Weihnachtsfeier gibt es immer ein stimmungsvolles Ritual

Seit dem Jahr 2011 kooperieren die Hospizdienste von Bergedorf und Reinbek miteinander. Der Sinn dahinter: Die Ausbildung, die normalerweise in den Räumen der ehemaligen Pfarrerswohnung an der Riehlstraße läuft, kann zentral organisiert werden. Dorthin zogen die Sterbebegleiter im Jahr 2014.

Und in diesen Räumen ist es bei jeder Weihnachtsfeier ein stimmungsvolles Ritual geworden, alle Namen der bis zu ihrem Tod Begleiteten vorzulesen und ihnen im Kerzenlicht ein paar Worte zu widmen. „Da blitzen Erinnerungen durch“, findet Vereinschefin Stüven, der die Trauerbegleiter in ihren Reihen sehr wichtig sind.

Lauter und präsenter in der Öffentlichkeit geworden

„Ansonsten ist es bei uns wie im Leben: ein Kommen und Gehen“, sagt Gabi Özcerkes. Die 54-Jährige ist so eine Dauerbrennerin im verein, ebenfalls seit 2001 dabei und nach einer Pause seit 2011 Koordinatorin des Hospizdienstes. Sie kann es gut einschätzen: „Wir sind lauter und präsenter in der Öffentlichkeit geworden.“

Das sei auch nötig im Bestreben, endlich ein stationäres Hospiz in Bergedorf zu bekommen. Die Infinitas-Kay-Stiftung plant ein solches am Gräpelweg, ein Bebauungsplan wird gerade eingeleitet. Der Hospizdienst Bergedorf setzt darauf, zumindest keine weiteren 20 Jahre auf eine solche Einrichtung warten zu müssen.