Bergedorf. Klempner und Heizungsbaubetriebe arbeiten derzeit auf Volllast. Hausbesitzer haben bei Neuaufträgen derzeit schlechte Karten.

Hausbesitzer, die in diesen Tagen einen Auftrag an einen Betrieb des Sanitärhandwerks erteilen möchten, haben schlechte Karten. „Unsere Firmen sind bis Ende Juni komplett ausgebucht“, sagt Bernd Hegemann, Bezirksinnungsmeister Sanitär/Heizung/Klimatechnik. Ursache ist das Hamburger Klimaschutzgesetz, das am 1. Juli in Kraft tritt: Wer dann seine Heizanlage erneuern oder modernisieren will, ist verpflichtet, mindestens 15 Prozent seines Energiebedarfs mit regenerativen Energien zu decken.

Viele Hauseigentümer versuchen nun, diese Pflicht vorerst zu umschiffen, indem sie ihre Heizanlage noch vor dem 1. Juli modernisieren oder erneuern lassen. Nicht nur im Bezirk Bergedorf arbeiten Klempner- und Heizungsbaubetriebe daher bis Ende Juni auf Volllast.

Bis Ende Juni können Heizungen ohne Öko-Anteil erneuert werden

„Allerdings muss die neue oder modernisierte Heizanlage bis zu diesem Stichtag nicht nur installiert, sondern auch vom Schornsteinfeger abgenommen sein“, erklärt Hegemann,. Ab dem 1. Juli würden nur noch Anlagen mit 15 Prozent Öko-Anteil abgenommen. Der Innungsmeister hat einerseits Verständnis dafür, wenn Hausbesitzer noch einmal günstig davonkommen wollen, indem sie bis Ende Juni schnell noch einmal ihren Kessel auswechseln lassen und ansonsten ihre Öl- oder Gasheizung so lassen, wie sie ist. Seine Empfehlung ist aber eine andere: „Die Klimaziele von Bund und Ländern werden ja bleiben oder künftig noch weiter gesteckt, nicht nur wenn die Deutschen im kommenden Herbst eine Regierungsbeteiligung der Grünen in Berlin wählen. Da macht es doch Sinn, schon jetzt im sinnvollen Maß auf klimaneutrale Energieträger umzusatteln und dabei staatliche Zuschüsse mitzunehmen, die möglicherweise schon im nächsten Jahr nicht mehr fließen.“

Dicke Zuschüsse locken über ein Förderprogramm

Ein Förderprogramm des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) etwa läuft nur noch bis Ende 2021. „Dort erhält man bis zu 45 Prozent Zuschuss auf die gesamte Investition, wenn man den Anteil regenerativer Energien auf 25 oder mehr Prozent vom gesamten Energiebedarf steigert“, erklärt Hegemann. Wer also beispielsweise bei seinem Einfamilienhaus die alte Ölheizung entsorgt, stattdessen eine Gasbrennwertanlage installieren lässt und diese mit einer Wärmepumpe kombiniert, genießt bei geschätzten Gesamtkosten von 30.000 Euro einen Zuschuss von etwa 12.000 Euro – sofern der Wechsel noch in diesem Jahr erfolgt. Ob und wie viel Förderung es in den Folgejahren noch gibt, entscheidet dann die neue Bundesregierung.

„Die Klimaziele unserer Regierungen sind für das Sanitärhandwerk eine Herausforderung, die nicht leicht zu stemmen ist“, räumt Innungsmeister Hegemann unumwunden ein. Auch wenn der jetzige Kundenansturm mit dem Ende der ersten Jahreshälfte bewältigt ist, bleiben für ihn und seine Kollegen die Auftragsbücher voll, die Wartezeiten für die Kunden lang. Die Anlagenmechaniker des Sanitärhandwerks müssen einen erheblichen Teil der vorgeschriebenen CO2-Einsparungen in Wohn- und Gewerbegebäuden umsetzen: von Öl auf regenerative Energien umrüsten, bestehende Anlagen mit Brennstoffzellen erweitern, Wärmepumpen einbauen, solarthermische Anlagen und Photovoltaikanlagen mit Stromspeicher montieren.

Dauerhafte Personalnot macht dem Sanitärhandwerk zu schaffen

„Ausschlaggebend für die langen Wartezeiten ist der eklatante Fachkräftemangel in unserer Branche“, klagt Hegemann. Sein Betrieb in Kirchwerder sucht schon seit Jahren vergeblich einen Gesellen und zwei Lehrlinge – anderen Sanitärbetrieben im Bezirk geht es ähnlich.

„Dabei ist Sanitär/Heizung/Klimatechnik ein Zukunftsberuf, und ich kann jedem Interessenten, der sich da etabliert, versprechen, dass er nie arbeitslos wird“, sagt Bernd Hegemann. Dennoch mache er immer wieder die Erfahrung, dass junge Menschen lieber studieren wollen als ein Handwerk lernen. Erst kürzlich baute er bei einem Berufs-Infotag an der Stadtteilschule Kirchwerder einen Stand mit allerlei technischen Gerätschaften auf. „Aber dafür hat sich keiner von den Schülern interessiert. Die kamen nur mit ihren vorgefertigten Fragebögen zu mir, wollten wissen, wie in unserer Branche Einstiegsgehalt und Aufstiegschancen sind.“

Es half auch nicht viel, dass er beide Fragen zufriedenstellend beantworten konnte. Seine bittere Prognose: „Es dauert keine zehn Jahre mehr, dann sitzt ein gut ausgebildetes Akademiker-Ehepaar in seiner kalten 60-Quadratmeter-Wohnung und wartet sechs Wochen auf den 70-jährigen Heizungsmonteur.“