Hamburg. Hartmut Sölter übernimmt ab August die psychosoziale Notfallversorgung für Hamburg-Ost. Er freut sich auf die Herausforderung.

Es war für viele Nettelnburger eine Überraschung, als sie zu Ostern erfuhren, dass Pastor Hartmut Sölter die Bugenhagen-Gemeinde nach 16 Jahren verlassen wird. Zum 1. August übernimmt er die Pfarrstelle der Notfallseelsorge im Kirchenkreis Hamburg-Ost – und tritt damit die Nachfolge der ehemaligen Reinbeker Pastorin Margarethe Kohl an, die nun in Rente geht.

„Es ist eine Art Erste Hilfe für die Seele, wenn ich die Angehörigen betreue. Und es ist immer ein bisschen Abenteuer dabei, denn man muss sich schnell auf ungewohnte Situationen einstellen“, sagt der 60-Jährige, der sich auf die neue Herausforderung freut: Die Kinder sind aus dem Haus, und die Ehefrau arbeitet seit jeher in der ganzen Stadt als Musiklehrerin. „Jetzt werde auch ich viel unterwegs sein, denn das Einsatzgebiet reicht von Harburg bis nach Langenhorn.“

Pastor Sölter aus Nettelnburg wird Notfallseelsorger in Hamburg-Ost

Spätestens nach dem schlimmen Zugunglück in Eschede, auch nach der Duisburger Love-Parade, in Erfurt und am Breitscheidplatz in Berlin habe man gemerkt, dass die psychosoziale Notfallversorgung ein gutes System braucht, sagt Sölter: „Das funktioniert über die Feuerwehr. Wenn jemand stirbt, melden die Sanitäter sich in der Leitstelle, die wiederum die Landesfeuerwehrpastorin informiert. Dazu gibt es zwei hauptamtliche Pastoren für den Hamburger Westen und den Osten, die den sogenannten Hintergrunddienst im öffentlichen Bereich übernehmen. Ich werde also zu einem Autounfall gerufen oder zu einem Zugunglück.“

„Der Tod darf nicht das letzte Wort haben“

In Billstedt, so berichtet Sölter, mussten einmal drei Bauarbeiter mit ansehen, wie ein Mensch vom Dach gesprungen ist. Sie standen ebenso unter Schock und Adrenalin wie ein Unfallverursacher, der sich mit der Schuldfrage quälte. „Da ist es wichtig, dass der Tod nicht das letzte Wort hat, dass eine Hoffnung bleibt“, weiß der Pastor. Für Augenzeugen und Angehörige sei der Tod immer eine seelische Verletzung. „Und es tut gut, die schlimmen Bilder mit jemanden teilen zu können, darüber zu sprechen.“ Hartmut Sölter wird als „Seelsorger auf der Straße“ Hilfen anbieten, an psychologische Beratungsstellen verweisen, auch mal ins Krankenhaus begleiten. „Ich kann mit Tränen umgehen und fragen, was dem Betroffenen jetzt gut tut, was sinnvoll ist.“

Wichtig sei, dass alle Einsätze koordiniert werden, auch die der Ortspastoren und Diakone, die zu Hilfe eilen, wenn jemand plötzlich zu Hause stirbt. „Da findet etwa die Tochter ihre tote Mutter im Flur. Ich war auch mal in einer Messie-Wohnung, die den Geschwistern des Toten sehr peinlich war“, sagt der 60-Jährige. Er wird künftig Pastoren und Diakonen Schulungen und Fortbildungen anbieten und unter anderem vermitteln, was bei einer Todesnachricht zu beachten ist.

Zunächst wird es mehrere Vertretungspastoren geben

Nach 14 Jahren in Eidelstedt und 16 Jahren in Nettelnburg nimmt Hartmut Sölter nun diese neue Aufgabe an und verlässt das Pfarrhaus. „Ich schaue dankbar auf segensreiche Jahre zurück mit vielen Gottesdiensten, Festen und Arbeit mit Ehrenamtlichen aller Altersgruppen. Künftig werde ich mich nur auf ein Thema fokussieren.“

Dass zunächst Vertretungspastoren kommen werden, steht fest. Darüber informiert der Kirchengemeinderat am Donnerstag, 19 Uhr, bei einem „digitalen KRG-Infotisch“. Die Einwahldaten finden sich unter www.kirche-nettelnburg.de. Hier wird auch über den Stand des Bauprojektes berichtet, das im Sommer starten soll. Für rund 430.000 Euro wird der Gemeindesaal umgebaut, gibt es eine neue Küche. Sölter: „Wir haben in zwei Jahren schon 80.000 Euro an Spenden gesammelt. Bloß auf einen Vorbau für die Toiletten verzichten wir. Das hätte noch mal 170.000 Euro gekostet, weil der auf Pfählen stehen müsste.“