Hamburg. Sie stammen aus neun Nationen - und helfen nun ihren Nachbarn in Bergedorf-West bei der Bewältigung der Alltagsfragen.

Die Sprache sei das Allerwichtigste, betont Mohamad Reza Hashemi: „Ich will für meine vier Kinder Lösungen finden und das Leben organisieren.“ Genau deshalb engagiert sich der 39-Jährige, der vor sechs Jahren aus Afghanistan nach Deutschland kam, nun als einziger Mann in der neu gegründeten Gruppe der „Stadtteil-Eltern“. Dafür nimmt sich der Bauleiter, der jetzt in einem Wandsbeker Gemüseladen arbeitet, Zeit.

Seit September ließen sich zwölf Menschen in 60 Stunden schulen, machten sich zu verschiedenen Themen schlau: Was sind Kinderrechte? Wie beantragt man Elterngeld? Was gehört zur Krebsvorsorge? Wie eröffne ich ein Konto? In solchen Fragen können sie ab sofort ihren Mitbürgern helfen. Das Motto: Glück kann man lernen.

Mohamad Reza Hashemi unterstützt Familien in Hamburg

2020 konnten in ganz Hamburg 2348 Familien unterstützt werden, denn es gibt bereits 22 Elternlotsen-Projekte. Auf Wunsch des Bezirksamtes bewilligte Hamburgs Sozialbehörde der nun 23. Gruppe 64.500 Euro für dieses Jahr. „Das ist eine gute Grundfinanzierung, aber den Rest müssen wir bei Stiftungen erbetteln“, sagt Ina Achilles vom Verein „Sprungbrett“, der den Stadtteilmüttern in Lohbrügge und Neuallermöhe sogar Handys beschaffen konnte. „Tolle wäre, wenn unsere Ehrenamtlichen bitte schneller geimpft werden könnten, da sie ja viele Kontakte haben sollen.“

Im Mittelpunkt steht die Elb-Kita am Friedrich-Frank-Bogen, wo viele Eltern aus aller Welt anzutreffen sind. „Aber wir kooperieren auch mit den Nestlotsen und der Elternschule“, sagt Kita-Leiter Mario Weiss. Als Ansprechpartnerin verweist er auf Claudia Brillinger, die unter 040/738 34 15 erreichbar ist und einen Kontakt zu den Stadtteil-Eltern aus neun Nationen herstellt. Sie heißen Rana Hasanaou, Nesrin Award, Arbia Arbi Ep Bouslimi, Leviza Muslija, Irena Markiewicz-Zylla, Zain Markhadmeh, Bassma Ali, Radhia Youmbai, Lena Wegner und Schkiba Ummidwar.

Mittlerweile gibt es immer mehr zertifizierte "Stadtteil-Eltern"

Dass Hilfen ein Geschenk des Himmels sein können, hat auch Zozan Khalil erfahren, die vor fünf Jahren aus Syrien kam und zunächst im Containerdorf am Friedrich-Frank-Bogen wohnte: „Dann hat uns ein Mann aus der katholischen Gemeinde geholfen, in nur einer Woche eine Wohnung zu finden“, sagt die 30-Jährige.

Die Mutter dreier Töchter ist die jüngste der frisch zertifizierten „Stadtteil-Eltern“ – und erwartet ihr viertes Kind. Auch sie weiß, dass es das Wichtigste ist, Deutsch zu lernen: „Am Anfang, als ich im Büro der Grundschule einen Moment warten sollte, hatte ich nichts verstanden und musste extra meine Schwägerin anrufen. Das hat mich geärgert. Inzwischen komme ich längst ohne Dolmetscher klar – auch beim Kinderarzt.“