Hamburg. Buch- und Blumenhandel öffnet, die anderen vergeben Termine: So bewertet Bergedorfs Einzelhandel die neuen Corona-Regeln.
Wieso dürfen Buch- und Blumengeschäfte öffnen, nicht aber Textilhändler? Ein bisschen enttäuscht, dass „wieder einzelne Sortimente herausgepickt wurden“, zeigt sich WSB-Geschäftsführer Marc Wilken, der 170 Bergedorfer Unternehmen vertritt: „Warum wird da mit zweierlei Maß gemessen, obwohl das Infektionsrisiko doch dasselbe ist?“
Buchhändler Jörg Johannsen dagegen findet die Entscheidung absolut folgerichtig. „In Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt galten Buchhandlungen von Anfang an als Versorger des täglichen Bedarfs und durften wie die Lebensmittelgeschäfte öffnen“, erklärt der Inhaber der Buchhandlung Sachsentor. „Das ist nun endlich bundesweit einheitlich.“ Sein Team verkauft ab kommenden Montag nicht mehr nur Bücher auf Bestellung an der Ladentür, sondern darf Kunden empfangen und beraten. Geöffnet ist allerdings erst mal nur bis 16 Uhr.
Buch- und Blumengeschäfte in Bergedorf öffnen am Montag
Modehändlerin Martina Willhoeft dagegen meint: „Klar ist persönliche Beratung gerade in unserer Branche durch nichts zu ersetzen. Daher bin ich froh, dass in der nächsten Woche der Einkauf nach Terminvergabe auch bei uns möglich sein soll.“ Unklar sind für sie aber noch die Details: „Über die Zahl der Quadratmeter pro Kunde, die im Geschäft nicht unterschritten werden darf, gibt es noch verschiedene Angaben.“ Wie auch Roland Winter von Fahrrad XXL Marcks erhofft sie sich mehr Klarheit, sobald die geänderte Hamburger Corona-Verordnung veröffentlicht ist.
WSB-Chef Marc Wilken hätte sich eine einheitliche Lösung für den gesamten Einzelhandel gewünscht, denn das angekündigte Termin-Shopping sei mit Blick auf die Umsätze höchstens ein Tropfen auf den heißen Stein.
"Schöne Idee, aber in der Praxis schlecht umsetzbar"
Als Beispiel: „Wenn sich jemand drei Termine macht, um endlich mal wieder Bekleidung shoppen zu können und dann gleich im ersten Laden alles bekommt, fallen die beiden anderen Termine weg. So ist die schöne Idee in der Praxis also schlecht umsetzbar“, überlegt Wilken. Zudem könne es passieren, dass jemand eine halbe Stunde terminiert, „dann aber bloß ein Teil für fünf Euro kauft“.
Viel eher setzt der Einzelhandel darauf, dass es bald in der Bergedorfer City ein großes Testzentrum geben soll. Platz dafür wäre genug, etwa in den leeren Häusern von Karstadt, Deichmann oder dem ehemaligen „Tiger“ am Kupferhof. Die Idee lehnt sich an Überlegungen aus Tübingen, wo sich der Bürgermeister eine Einkaufsschleuse durch die Innenstadt wünscht.
„In Bergedorf aber wollen wir keine Schleuse, die die Seitenstraßen absperrt. Besser wäre es, wenn die Leute an einem zentralen, barrierefreien Ort einen Schnelltest machen könnten und danach mit entsprechendem Beleg in die Läden gehen dürften“, meint Marc Wilken, der sich eine solche Initiative gemeinsam mit Bergedorfer Ärzten und Apotheken vorstellen kann: „Mit einer solchen Lösung wäre man dann auch nicht vom jeweils aktuellen Inzidenzwert abhängig.“
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CCB-Manager kann sich ein neutrales Testzentrum in der City vorstellen
So ein neutrales Testzentrum in der City könnte sich auch CCB-Manager Lutz Müller gut vorstellen – wobei das Einkaufszentrum selbst nach seinen Worten nicht gut geeignet wäre, weil auch jetzt in Zeiten des Lockdowns 16.000 bis 18.000 Menschen hier täglich durchlaufen. Grundsätzlich aber macht sich Müller eher große Sorgen um den Einzelhandel, der schließlich „noch nie ein Hotspot war“. Deutschlandweit werde prognostiziert, dass 25 bis 30 Prozent der Einzelhändler die Krise nicht überstehen werden: „Das ist unumkehrbar und wird die Innenstädte veröden lassen“, fürchtet Lutz Müller, der selbst von Mietern im Einkaufszentrum weiß, die seit November vergeblich auf eine Corona-Hilfe warten.
Unterdessen aber werden auch im CCB Lösungen gesucht – wenngleich „auch die Eigentümer nicht unendlich belastbar“ seien, so Müller: „Aber wir haben zum Beispiel Mietstundungen vereinbart in Kombination mit einer vorzeitigen Vertragsverlängerung um drei Jahre. Das könnte eine Chance für beide Seiten sein.“