Hamburg. Seit Anfang November ist das Instrument in der beliebten Kapelle nicht mehr nutzbar. Das plant der Bezirk.

Es ist buchstäblich ein doppeltes Trauerspiel: Seit mehr als drei Monaten muss der Abschied von Verstorbenen in der historischen Kapelle I auf dem Bergedorfer Friedhof ohne Orgelmusik auskommen. Das betagte Gerät, eine weit über 100 Kilogramm schwere elektronische Orgel, die von ihren Ausmaßen her vergleichbar mit einem Klavier ist, hat bereits Anfang November den Geist aufgegeben.

Mache Pastoren mussten mit A-cappelle-Gesang improvisieren

Seither steht sie aber weiterhin in der Kapelle, was zu einigen makabren Situationen geführt hat: „Manche Pastoren mussten spontan improvisieren, etwa mit A-cappella-Gesang, weil sie bis zum Beginn der Trauerfeier nicht ahnten, dass die Orgel defekt ist“, sagt Klaus Singer, Kantor in St. Petri und Pauli. „Das ist schon ziemlich makaber und darf eigentlich nicht passieren.“

Bestatter Marco Kleinert bietet Spenden-Sammlung an

Auch wenn er selbst nicht betroffen war, wandte er sich jetzt zusammen mit Bestattungsunternehmer Marco Kleinert an das Bezirksamt mit der Bitte, die Orgel endlich wieder gangbar zu machen oder sie zu ersetzen. Kleinert regt in dem Schreiben auch an, eine Sammlung unter den Bestattern zu starten, um die etwa 6000 Euro zusammenzubringen, die eine neue E-Orgel kostet. Ollrogge-Kleinert wäre mit 1000 Euro dabei, denn: „Die Kapelle I ist sehr beliebt, es gibt hier täglich zwei bis drei Trauerfeiern. Und bei jeder muss improvisiert werden, etwa in Form eines mitgebrachten, tragbaren E-Pianos. Das ist kein Zustand.“

Idee des Umzugs der Orgel von Kapelle II ist vom Tisch

Auf Nachfrage unser Zeitung ist das Bezirksamt nun tätig geworden: Am Montag untersuchte eine Fachfirma das Instrument und stellte fest, dass es nicht zu reparieren ist. Mittlerweile wurde das Beschaffungswesen der Hamburger Behörden beauftragt, ein neues Instrument zu kaufen.

Die zwischenzeitlich favorisierte Lösung, die E-Orgel durch die der gut 800 Meter entfernten Kapelle II zu ersetzen, wurde verworfen: „Auch wenn die ab Sommer wegen Umbau und Grundsanierung längere Zeit geschlossen wird, muss sie zumindest so lange für Trauerfeiern nutzbar sein“, sagt Bezirksamtsleiter Arne Dornquast.

Corona-Beschränkungen lassen maximal 25 Trauergäste zu

Das hält auch Marco Kleinert für unbedingt erforderlich: „Selbst wenn die Kapelle I deutlich beliebter ist, so gibt es pro Woche doch auch zwei bis drei Trauerfeiern in Kapelle II. Das liegt unter anderem daran, dass dort mehr Gäste Platz finden – selbst wenn ihre Zahl wegen der Corona-Beschränkungen aktuell auf maximal 25 Personen begrenzt ist.“

Zahl der Todesfälle in Bergedorf deutlich gestiegen

Bedingt durch die Pandemie gibt es derzeit zudem deutlich mehr Todesfälle: Das Bergedorfer Standesamt verzeichnete im Januar ein Plus von 11 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat auf jetzt 111. Im Dezember lag die Zahl bei 86, das waren 15 Trauerfälle oder gut 20 Prozent mehr als im Dezember 2019.

Trotz defekter Orgel gleicher Mietpreis bei Trauerfeiern

Die defekte Orgel hat übrigens den Preis für die Anmietung der Kapelle I nicht verändert. Das Bezirksamt berechnet weiter 225 Euro je Trauerfeier – wie jeder andere Bezirksfriedhof in Hamburg auch. Doch dort steht dafür eben auch eine E-Orgel zur Verfügung.