Hamburg. Wechsel beim Bugstrahlruder-Experten Jastram: Gerhard Erb geht in den Ruhestand. Der 66-Jährige hatte einen besonderen Abschied.

Schiffsantriebe und Manövrieranlagen „made in Bergedorf“ gehören zu den Überraschungen, die die Wirtschaft des Bezirks zu bieten hat: Gleich neben dem Hochhausstadtteil Bergedorf-West produziert die Firma Jastram seit fast 120 Jahren für See- und Binnenschiff-Reedereien, transportiert ihre Produkte rund um den Erdball.

„Ein bis heute dynamisches Familienunternehmen, das langfristig denkt, viel Wert auf Forschung legt, und ganz ohne schwerfällige Konzernstrukturen auskommen“, lobt Niels A. Lange (42), der ab Montag die Geschäftsführung der 30 Mitarbeiter kleinen Firma übernimmt – und zusammen mit Ralf Rocholl, bereits seit April 2020 neuer Vertriebs- und Marketingchef, in große Fußstapfen tritt: Vorgänger Gerhard Erb ist nach gut 15 sehr erfolgreichen Jahren an der Spitze in den Ruhestand verabschiedet worden.

Firma Jastram: Gerhard Erb geht nun in den Ruhestand

„Die Arbeit bei Jastram hat mir jeden Tag große Freude bereitet, auch wenn ich zuvor schon 27 Jahre in der maritimen Zuliefererindustrie gearbeitet hatte“, sagte der 66-Jährige am Tag seines Abschieds, nachdem er einen 1000 Meter langen, von den Mitarbeitern gestalteten Parcours auf dem Roten Teppich durch alle Hallen und Büros am Billwerder Billdeich absolviert hatte. Insgesamt 70 kleine Aufmerksamkeiten musste der Eckernförder dabei nach einem extra angefertigten „Schatzsuchplan“ einsammeln.

Beruflich ist es ihm gelungen, das 1889 vom Urgroßvater Carl des heutigen Inhabers Nils Jastram gegründete Unternehmen international als gefragte Adresse zu festigen. Dafür sorgte vor allem, die Manövrier- und Antriebsanlagen um Geräuschminderungstechnologien zu ergänzen, sodass sie sich noch besser für Fähren und Fahrgastschiffe eignen. Zudem blieb der Turbolader-Service mit Verkauf und Reparatur diverser Marken ein wichtiges Standbein.

Portfolio der internationalen Kooperationen wurde stark erweitert

Typische Produkte der Firma Jastram in den Werkshallen am Billwerder Billdeich in Bergedorf-West: riesige Bugstrahlruder für Seeschiffe. Auch Binnenschiffe werden hier ausgerüstet.
Typische Produkte der Firma Jastram in den Werkshallen am Billwerder Billdeich in Bergedorf-West: riesige Bugstrahlruder für Seeschiffe. Auch Binnenschiffe werden hier ausgerüstet. © BGZ

Und seit 2014 ist Jastram nun auch Vertriebs- und Service-Partner des neuseeländischen Wasserstrahlantrieb-Spezialisten HamiltonJet für Deutschland und Österreich. Damit wurde das Portfolio der internationalen Kooperation gezielt erweitert. Bereits seit Jahrzehnten arbeiten die Bergedorfer eng mit den Schwesterfirmen Jastram Engineering und Jastram Technologies in Vancouver in Kanada zusammen. Sie sind Experten für Ruderanlagen sowie den Handel mit Schiffsbau-Ausrüstung.

Gerhard Erb trat seinen Job im Bergedorfer Stammhaus 2005 in einer schwierigen Phase an. Gerade hatte der Geschäftsführer das Unternehmen verlassen, sodass Seniorchef Peter Jastram aus dem Ruhestand wieder zurück an die Spitze trat. Bereits nach nur einem halben Jahr hatte sich der jeweils für die Werktage aus Eckernförde anreisende Gerhard Erb so viel Vertrauen beim Senior erworben, dass er ihm den Chefposten zutraute.

Firma 1903 aus Platzmangel von der Altstadt nach Bergedorf verlegt

Es folgten weitere fünf Jahre der engen Kooperation mit Nils Jastram, wobei der heute 61-Jährige als vierte Generation im Unternehmen kein studierter Schiffbauingenieur ist. Er konzentrierte sich deshalb 2010 auf die Entwicklung des Firmengrundstücks in Bergedorf-West. Dort etablierte Jastram gleich neben dem TSG Sportforum den Gewerbepark Carlshof mit diversen Unternehmen und stellt bis heute auch der Bergedorfer Tafel Büro- und Lagerräume zur Verfügung.

Der Name Carlshof ist ein Hommage an den Firmengründer: Carl Jastram machte sich 1889 mit einer Schiffsmotorenwerkstatt in der Hamburger Altstadt am Hafen selbstständig. Das Unternehmen expandierte stetig und wurde 1903 schließlich vom Hamburger Senat – angeblich aus Platzmangel in der Stadt – an den heutigen Standort verlegt. Trotz der Entfernung zum Hafen begann Jastram Anfang der 1920er-Jahren hier sogar mit dem Bau von ganzen Barkassen. Dafür errichtete er 1926 zusätzlich die Allermöher Werft an der Dove-Elbe.