Hamburg. Der 16-Jährige kam als Flüchtling nach Deutschland und hat ehrgeizige Ziele. Was schon passt: Er hat das beste Klassenzeugnis.

Lediglich acht Stunden lang wird es am kommenden Montag hell sein. Fawzi Farhw freut sich auf den kürzesten Tag des Jahres, die Wintersonnenwende. Dann nämlich sind Jupiter und Saturn, die beiden größten Planeten des Sonnensystems, kaum zu übersehen am Himmel. Grund dafür: Jupiter und Saturn kreisen in unterschiedlichen Zeiten um die Sonne. Jupiter braucht ungefähr zwölf Jahre und Saturn knapp 30 Jahre. Nur alle 20 Jahre kommt es zu einer „Überschneidung“, und die beiden Planeten kommen sich deutlich näher als sonst. Dieses Spektakel ist unter Wissenschaftlern auch als „Große Konjunktion“ bekannt. Und das ist für den 16-jährigen Fawzi, der Astrophysiker werden will, nun mal ein galaktisches Ereignis.

„Vielleicht werde ich eines Tages einen bewohnbaren Planeten finden, den wir kolonisieren können. Dann muss die Menschheit nicht aussterben wie die Neandertaler“, sagt der Zehntklässler der Gretel-Bergmann-Schule. Er fürchtet nämlich, dass es einen großen Krieg um die Ressourcen geben könnte, wenn es 2040 vermutlich neun Milliarden Menschen auf der Erde gibt. Und von Krieg hat der Junge, der mit seiner Familie aus Syrien geflüchtet ist, die Nase voll. „Ich weiß, wie wichtig gute Medizin und Bildung sind“, sagt der Schüler mit dem besten Klassenzeugnis: „Auf jeden Fall werde ich mich für ein Stipendium bewerben, um an der Uni München diesen seltenen Beruf lernen zu können.“

Fawzi Farhw ist ein zielstrebiger Schüler

Sein Vorname heißt übersetzt „zielstrebiger Junge“ – „und das bin ich auch“, sagt Fawzi Farhw, der nach nur fünf Jahren ein sehr gutes Deutsch spricht. Erste Vokabeln hat er auf der langen Reise gelernt: 2013 ging es von Nordsyrien zunächst bis in den Libanon, von dort per Containerschiff bis in die Stadt Mersin an der Mittelmeerküste. Während sich der Vater zu Fuß auf den Weg nach Deutschland machte, blieb Fawzi mit seiner Mutter und den beiden jüngeren Brüdern in der Türkei. Nach einem Jahr durften sie nachkommen, lebten zunächst sechs Monate in einer Flüchtlingsunterkunft in Wilhelmsburg, heute hat die Familie eine Mietwohnung in Lohbrügge.

Dass der 16-Jährige gern rechnet und experimentiert und an Theorien bastelt, ist der Stadtteilschule an der Margit-Zinke-Straße sehr recht. So trägt es Früchte, dass sie gemeinsam mit der Jenfelder Otto-Hahn-Schule die ersten in Hamburg waren, die sich 2015 MINT-Schule nennen durften: eine Auszeichnung für besonderes Engagement in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik.

„Wir wollen alle Kindern fördern und fordern“, sagt die neue Schulleiterin Anja Oettinger. Die 59-Jährige, die in Billstedt aufgewachsen ist, war zuvor im Leitungsteam einer Bremer Oberschule im Aufbau. Eigentlich hätte sie gerade das neue Schild aufhängen dürfen für die Re-Zertifizierung als MINT-Schule – wenn Corona nicht wäre. Aber spätestens zur Sommersonnenwende sollte das Schild am Eingang hängen.