Bergedorf. “Das anstrengendste, aber auch erfolgreichste Jahr unserer Geschichte.“ 280 Bedürftige warten teils mitten in Bergedorf.

Corona hat die große Zahl der Bedürftigen in Bergedorf sichtbar gemacht – und der Tafel „das anstrengendste, aber auch erfolgreichste Jahr unserer Geschichte beschert“, sagt Vorsitzender Peter Kuczora. „Seit Mitte April haben wir die Lebensmittelausgaben nach draußen verlegt, erst auf den Lohbrügger Markt und den Platz vor St. Petri und Pauli, dann ins Freie vor die angestammten Ausgabestellen. So warten jetzt bis zu 280 Bedürftige am Tag teils mitten im Stadtbild.“

Die Folgen hätte der Tafel-Chef nie erwartet: „Die Passanten schauten nicht etwa genervt weg. Ganz im Gegenteil: Viele sind spontan auf uns zugekommen, haben unser Engagement für die Bedürftigen gelobt oder uns gleich Geld für die Arbeit der Tafel zugesteckt.“ Immer wieder seien auch haltbare Lebensmittel direkt an den Ausgabestellen abgegeben worden. „Seit diesem Jahr weiß ich, dass den Bergedorfern ihre Tafel wirklich wichtig ist.“

Bergedorfer Tafel. Das Team ist im Schnitt 69 Jahre alt

Trotzdem war 2020 ein Jahr, das den 150 Ehrenamtlichen alles abverlangt hat: Am 16. März musste Peter Kuczora die Tafelarbeit aus gesundheitlicher Fürsorgepflicht gegenüber dem immerhin durchschnittlich 69 Jahre alten Team zunächst einstellen. Vier Wochen später ging es dann provisorisch unter freiem Himmel mit zehn Freiwilligen wieder los – zunächst unterstützt durch den ASB und die Hamburger Tafel. Verteilt wurden erstmals von der Bergedorfer Tafel eigens eingekaufte Lebensmittel: Das Abholen gespendeter Waren von den Supermärkten, Bäckereien und Fabriken war coronabedingt bis in den August hinein nicht möglich.

„15.000 Euro hat uns das letztlich gekostet“, sagt Peter Kuczora, der dieses Finanzloch im 70.000 Euro großen Tafel-Etat schon geschlossen weiß: „Neben den spendablen Passanten an den Open-Air-Ausgaben haben auch unsere Sponsoren mehr gegeben als sonst. Viele fragten sogar gezielt nach, wie sie helfen können, damit wir die besonderen Herausforderungen meistern.“

Tatsächlich ist die Zahl der Tafel-Kunden in der Pandemie um zehn Prozent gestiegen: Statt 550 kommen pro Woche jetzt gut 600 Menschen zu den Ausgabestellen. Zudem versorgt die Tafel rund 30 soziale Einrichtungen von Kitas über Jugendclubs bis zu Seniorenheimen direkt. Insgesamt wurden etwa 700 Tonnen Lebensmittel an gut 2000 Stammkunden verteilt. „Unter Deutschlands 940 Tafeln gehören wir Bergedorfer zu den größeren – und zu den ganz wenigen, die trotz Corona nie Lieferschwierigkeiten oder finanzielle Engpässe hatten“, sagt Kuczora. „Dafür ein ganz großes Dankeschön an unsere Lieferanten, Sponsoren, Fördermitglieder – und alle Bergedorfer.“

Auch in Schwarzenbek konnte die Tafel nach kurzem Schließen ihre Arbeit fortsetzen.