Lohbrügge. Der Verein „Der Begleiter“ sorgt sich um instabile Menschen mit Wahnideen. Ein Rat: Der Fernsehkonsum sollte wohl dosiert sein.
Schnell kann in Einsamkeit verfallen, wer seine Freunde nicht mehr treffen kann. Das gilt umso mehr für psychisch instabile Menschen, die sich schon immer mit sozialen Kontakten schwer getan haben und lieber nur das Sonntagscafé für Gleichgesinnte aufsuchten – etwa beim Verein „Der Begleiter“. Doch der musste seine offenen Beratungen an drei Standorten im Bezirk einstellen. „Das Thema Isolation verschärft sich deutlich“, warnt Diplom-Psychologe Jan Christian Wendt-Ahlenstorf.
Er leitet das Beratungs- und Begegnungszentrum für Sozialpsychiatrie am Herzog-Carl-Friedrich Platz 1 – und schaut mit großer Sorge nicht nur auf die gut 200 „Vertragsklienten“ zwischen 18 und 88 Jahren, die seelische Unterstützung brauchen.
Corona-Pandemie: Viele Menschen brauchen seelische Unterstützung
Man müsse jetzt keine Angst vor Amokläufern in Bergedorf haben, „aber viele Menschen sind stark verunsichert und versuchen, die Pandemie unterbewusst zu bewältigen, ihr einen Sinn zu geben. Und da sind schon mal unsichtbare Mächte im Spiel, die psychotische Wahnvorstellungen von Verfolgung auslösen“, versucht er die unbestimmten Ängste zu erklären, die auch durch Verschwörungstheorien „ungesunden Aufwind“ erhielten.
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Manche Menschen halten das kaum aus und sprechen von Selbsttötung. „Die bringen wir zu ihrem Schutz in die Bethesda-Klinik, wo sie stabilisiert werden“, sagt der Psychologe. Anderen rät er, auf „allzu viele Nachrichten von der Risikofront zu verzichten“, der Fernsehkonsum könne beunruhigen und sollte wohldosiert sein.
Soziale Kontakte via Telefon oder Internet suchen
Wichtig sei es, eine Routine aufzubauen: aufstehen, kochen, sich bewegen. Zudem sollten soziale Kontakte via Telefon oder Internet gesucht werden, so Wendt-Ahlenstorf, dessen elf Mitarbeiter auch konkret unterstützen und Mut machen wollen: Da gibt es für Ältere einen Essens-Lieferservice, werden Menschen ermutigt, ihre Post zu öffnen – auch, wenn sie die Bescheide von Ämtern und Jobcenter nicht immer verstehen: „Wir helfen auch am Telefon.“ Die Nummer 0176/ 34 74 39 05 ist montags bis freitags von 11 bis 14 Uhr besetzt – auch für Angehörige von Menschen mit psychischen Problemen.
Eher aufwendig ist diese Lösung gegen Einsamkeit: „Viele haben sich jetzt einen Hund angeschafft. Das ist keine schlechte Idee, wenn man die Verantwortung nicht unterschätzt“, so der Psychologe. Er hofft indes darauf, bald mehr psychosoziale Beratung anbieten zu können: „Wir bräuchten einen größeren Raum für Gruppenangebote. Eine Schulaula wäre dafür optimal.“