Nettelnburg. Nach dem Fällen eines Walnussbaums auf einem Grundstück in Nettelnburg liegen die Nerven erneut blank. Doch das ist noch nicht alles.
Als Hossein Karimi an jenem Freitag aus seinem Haus an der Straße In der Hörn schaute, wollte er es zunächst nicht glauben. Sein Nachbar Zbigniew Gaffke war dabei, einen etwa 110 Jahre alten Walnussbaum abzusägen. „Ohne es vorher anzukündigen“, echauffiert sich Karimi noch Tage danach, „das ist doch Lebensraum für Vögel und Eichhörnchen. Und der Baum war gesund!“ Diese Baumfällung ist die Fortsetzung eines Nachbarschaftsstreits, der sich über sechs Jahre erstreckt.
Karimi lebt mit seiner Familie bereits seit 1997 im hinteren Teil des pfeifenartigen Grundstücks. Ihm gehört die geschotterte Zufahrt, nicht aber jener Baum gleich daneben, der um 1910 gepflanzt wurde. Der pensionierte Diplom-Ingenieur für Elektrotechnik blickt auf den Baumstumpf, der übrig geblieben ist und holt ein Papier hervor. Auf dieser Liegenschaftskarte ist jener Walnussbaum „unter Bestandsschutz eingetragen“, sagt Karimi.
Nachbarschaftsstreit in Nettelburg geht in die nächste Runde
Zur Bekräftigung erinnert sich der Mann an das Jahr 2014 zurück, als ihm das Bezirksamt untersagte, seinen Sielanschluss zu erneuern. Begründung: Dadurch könne das Wurzelwerk des Baumes beschädigt werden. Karimi holte sich einen Sachverständigen und durfte nach zwei Wochen weitermachen: „Wieso diese Gesetze plötzlich nicht mehr gelten sollten, ist mir unklar.“
Nun soll die Fällaktion aber vollkommen in Ordnung gewesen sein: „Der Baum war am Absterben, sonst hätte ich vom Bezirksamt keine Genehmigung bekommen“, entgegnet Zbigniew Gaffke, der Chef eines Bau- und Hausmeisterservice ist. Er wollte es deshalb nicht soweit kommen lassen, bis etwas auf sein Haus stürze.
Meinungsverschiedenheiten schon seit einigen Jahren
Auf Nachfrage im Fachbereich „Bäume auf privatem Grund“ des Bezirksamts wird bestätigt, dass die Fällung schon im September genehmigt wurde. Grund sei die „schlechte Vitalität“ im Astwerk. Und wie sieht es mit „Bestandschutz“ aus? „Wir beurteilen nach der Baumschutzverordnung. Der gefällte Baum fällt nicht unter zu erhaltende Bäume, wie sie der Bebauungsplan ausweist.“
„Es war von Anfang an schwierig mit Herrn Karimi“, erzählt Gaffke und gibt damit Preis, dass hinter den Meinungsverschiedenheiten einiges mehr steckt als der alte Baum. 2014 zog Zbigniew Gaffke in den vorderen Teil des Nettelnburger Siedlungsgrundstücks – und bekam gleich den Unwillen von Hossein Karimi zu spüren: „Herr Gaffke hatte hier drei Gewerke angemeldet, obwohl das hier ein reines Wohngebiet ist“, war Karimi sauer, dass häufig Transporter seinen Weg versperrten und aus seiner Sicht kaputt machten. Es folgte ein Rechtsstreit.
Einfahrt darf nicht mehr geschäftlich genutzt werden
Dem Bauunternehmer wurde gerichtlich untersagt, die gemeinsame Einfahrt geschäftlich zu nutzen. Allerdings: „Wir haben für mehrere 1000 Euro den Weg auch wieder instand gesetzt. Und wir nutzen die Einfahrt, für die wir das Wegerecht besitzen, nur privat“, entgegnet Gaffke. Es läuft zu dieser Thematik aktuell ein weiteres Verfahren. Karimi passte es nicht, dass sein Widersacher auch mal selbst Hand an den Walnussbaum anlegte, Äste „unfachmännisch zurückgeschnitten hat“. Und weiter: Eigentlich habe der Nachbar den ihn störenden Walnussbaum loswerden wollen.
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Mittlerweile grüßen sich beide Nachbarn nicht mehr. Kommunikation? Nur noch über Anwälte. Anfang 2020 gab es sogar ein Gespräch bei einem Mediator – erfolglos. Und auch das wird die gereizte Stimmung wohl eher nicht besänftigen: „Wir sind dazu verpflichtet“, erklärt Gaffkes Tochter Katharina Turko, „auf unserem Grundstück eine tolle Neuanpflanzung zu setzen.“ Demzufolge muss in der ersten Pflanzperiode, also etwa im März/April 2021, ein Laubbaum „an geeigneter Stelle“ platziert werden.