Neuallermöhe. 20 Jahre nach ihrer Inbetriebnahme muss Frank Hamatschek seine Fotovoltaikanlage wohl vom Netz nehmen. Das sind die Gründe dafür.

Die Fotovoltaikanlage auf dem Reihenhausdach von Frank Hamatschek (63) am Felix-Jud-Ring hat nun annähernd 20 Jahre lang ihren Dienst getan. „Sie hat einen Peak (Höchstleistung) von 4,3 Kilowatt, und bei optimaler Sonneneinwirkung schafft sie das auch noch“, sagt Hamatschek. „Die Anlage ist wirklich gut in Schuss.“ Bis zu 3500 Kilowattstunden (kWh) Sonnenstrom hat er damit Jahr für Jahr ins Netz von Stromnetz Hamburg eingespeist.

Nach 20 Jahren keine Förderung mehr für Solarstrom

Nun könnte es passieren, dass er die Module zu Beginn des kommenden Jahres außer Betrieb nimmt, abmontiert und entsorgt. Der Grund: Ab dem 1. Januar 2021 entfällt für Fotovoltaikanlagen, die älter sind als 20 Jahre, die Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Das bedeutet, dass Hamatschek dann keine staatliche Einspeisevergütung mehr für seinen Strom erhält. Die liegt in seinem Fall derzeit noch bei 51 Cent pro kWh – ein vergleichsweise hoher Betrag, weil Hamatscheks Vertrag noch aus dem Jahr 2000 stammt.

Haushalt verbraucht etwa 3000 kWh jährlich

20 Jahre nach ihrer Inbetriebnahme werden Fotovoltaikanlagen nach dem gegenwärtigen Erneuerbare-Energien-Gesetz nicht mehr gefördert.
20 Jahre nach ihrer Inbetriebnahme werden Fotovoltaikanlagen nach dem gegenwärtigen Erneuerbare-Energien-Gesetz nicht mehr gefördert. © Getty Images/iStockphoto

Laut Energieberater Michael Hell von der Verbraucherzentrale Hamburg gilt für neue Anlagen mit weniger als 10 Kilowatt Höchstleistung derzeit eine Vergütung von 8,64 Cent. Als Hamatschek seine Anlage im Jahr 1998 für rund 64.000 D-Mark installieren ließ (30.000 Mark Zuschuss zahlte damals die Stadt Hamburg) und 2000 in Betrieb nahm, sahen die Zahlen noch anders aus. „Zu besten Zeiten gab es 1,50 Euro Vergütung pro Kilowattstunde, das setzte sich aus mehreren Teilbeträgen zusammen.“ 20 Cent gab es allein dann, wenn die eingespeiste Strommenge mehr als die Hälfte vom Eigenverbrauch betrug. Bei Hamatschek ist das locker der Fall, sein Haushalt verbraucht etwa 3000 kWh jährlich.

Wenn nun die Förderung komplett ausfällt, lohnt sich die Stromproduktion für ihn nicht mehr. „Schließlich habe ich auch Verwaltungsaufwand, zahle Steuern für den Betrieb der Anlage. Neulich kam sogar die Krankenkasse und wollte mich dafür veranlagen.“

Strom selbst nutzen oder an der Börse anbieten

Auf Nachfrage beim Umweltbundesamt erfuhr er, er solle doch den Strom selbst verbrauchen. Dann aber müsste er 40 Prozent der EEG-Umlage selbst zahlen, also etwa 3,5 Cent pro kWh, und zusätzlich in Akkuspeicher investieren. Oder den Strom an der Leipziger Strombörse anbieten. „Dort ändert sich der Preis aber ständig“, ärgert sich der Neuallermöher. „Sobald er unter Null geht, soll man seine Anlage ausschalten und den Strom ungenutzt verpuffen lassen. Was ist denn daran ökologisch?“

Ein Angebot, das jetzt von Stromnetz Hamburg kam, nennt er nicht gerade attraktiv. „Die wollen mir drei Cent pro Kilowattstunde zahlen.“ Das wären bei einer Jahresproduktion von 3400 kWh nicht viel mehr als 100 Euro. Im Gegenzug zahlt er für den Strom, den er bezieht, an die 30 Cent pro kWh.

34.000 Tonnen mehr CO2-Ausstoß durch Förder-Stopp

Frank Hamatschek steht mit dem Problem nicht allein da. „Bei der Verbraucherzentrale haben sich schon mehrere Stromproduzenten gemeldet, deren Förderung zum Jahresende ausläuft“, sagt Energieberater Michael Hell. „Mit diesen damaligen Pionieren der privaten Fotovoltaik geht das EEG jetzt nicht gerade rücksichtsvoll um.“ Nach seinen Worten wird sich das Problem in den kommenden Jahren verschärfen, weil dann weitere und größere Anlagen von Einzelhaushalten das Ende der 20-jährigen Förderzeit erreichen.

„Aber schon im Jahr 2021 bedeutet es 34.000 Tonnen mehr CO-Ausstoß, wenn alle auslaufenden Anlagen stillgelegt werden.“ In einem Gutachten hat das Umweltbundesamt errechnen lassen, dass die Leistung ausgeförderter Anlagen von etwa 50 Gigawattstunden im Jahr 2021 auf 1700 Gigawattstunden im Jahr 2026 steigen wird.

Am neuen EEG wird noch gefeilt

„Am neuen EEG wird vom Gesetzgeber noch gefeilt“, macht Energieexperte Hell den betroffenen Betreibern Hoffnung. „Mit Chance gibt es noch in diesem Jahr eine Nachbesserung.“ Schließlich habe auch das Hamburger Klimaschutzgesetz eine Solarpflicht für Neubauten ab dem Jahr 2023, für Bestandsbauten ab 2025 festgeschrieben.

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Bergedorfs FDP hat nun einen Appell an die Bundesregierung gerichtet. Darin fordern die Liberalen, Netzbetreiber zu verpflichten, den Strom von kleinen Anlagen weiterhin anzunehmen. Gefordert wird als Anreiz zum Weiterbetrieb ein Verzicht auf die Zahlung von EEG-Umlage für selbst erzeugten und verbrauchten Strom, außerdem eine verbraucherfreundliche Abrechnungsmethode, bei der Produktion und Verbrauch gegengerechnet werden: Der Kunde zahlt nur seinen Mehrverbrauch und verschenkt gegebenenfalls seine Überproduktion dem Netzbetreiber.