Bergedorf. Zwischen Bergedorf und Berliner Tor soll Ende Oktober der Testbetrieb beginnen. Umgebauten Züge fahren automatisiert hin und her.

Es ist das Vorzeigeprojekt der Hamburger S-Bahn, und die erste Fahrt auf der Bergedorfer Strecke steht kurz bevor: Ende Oktober, spätestens aber Anfang November, soll der erste von vier umgebauten Zügen im Testbetrieb automatisiert zwischen Bergedorf und Berliner Tor rollen. Bis Oktober kommenden Jahres sollen Tausende von Testkilometern abgespult werden, um die digitale Steuerungstechnik auf Herz und Nieren zu prüfen. Parallel zu dem am 11. Oktober 2021 beginnenden ITS-Kongress („Intelligent Transports Systems“) in der Hansestadt sollen dann auch Fahrgäste mitfahren dürfen.

Vor den Tests wurde die Bergedorfer Strecke auf Vordermann gebracht, das elektronische Stellwerk aufgerüstet, die Signaltechnik überarbeitet, wurden entlang der Trasse Messpunkte, sogenannte Eurobalissen, gesetzt. „Mit diesen Balissen­antennen können die Züge ihre Position auf der Strecke bestimmen“, erklärt ein Bahnsprecher auf Anfrage. Entscheidend für die Steuerung im digitalen Testbetrieb ist das Überwachungssystem European Train Control System (ETCS).

Automatisierte Züge der Deutschen Bahn gehen in Betrieb

„Die Technik wurde schon auf der Bergedorfer Strecke getestet, die umgerüsteten Züge sind bereits auf unserem Werksgelände gefahren“, heißt es seitens der S-Bahn vor den Härtetests auf der Schiene. Zentrale Punkte der anstehenden Testfahrten sind: Stabilität und Funktionalität der Funkverbindung zwischen Zug und Stellwerk, Steuerung des Zuges, das Umschalten zwischen Digital- und konventionellem Betrieb, Abfertigung am Bahnsteig, Störungsmanagement.

Digitaler Fahrbetrieb heißt übrigens nicht unbemannter, sondern automatisierter Fahrbetrieb. Denn es wird im Zug weiterhin einen Lokführer geben, der zum einen Ansprechpartner für Fahrgäste ist, aber auch bei Störungen eingreifen soll. „Das Fahrzeug fährt selbstständig von Haltestelle zu Haltestelle und erkennt, wann Türen geöffnet und geschlossen werden müssen“, erläutert der S-Bahnsprecher. Unbemannt fahren die Züge lediglich etwa 1000 Meter vom S-Bahnhof Bergedorf in die Abstellanlage. „Hier testen wir das Umschalten von hochautomatisiertem zu vollautomatisiertem Betrieb.“

Verantwortliche hoffen auf mehr Fahrgäste

Das finanzielle Volumen des Projekts liegt bei 61,5 Millionen Euro und wird von S-Bahn, der Stadt Hamburg sowie Siemens gestemmt. Ziel ist, den digitalisierten S-Bahnbetrieb auf weitere Hamburger Strecken auszuweiten, bevor die Technik dann auch von der Deutschen Bahn eingesetzt werden soll. Durch eine Erhöhung der Zugkapazitäten, mehr Verlässlichkeit und Pünktlichkeit insbesondere auf der Bergedorfer Problemstrecke hoffen die Verantwortlichen auf ein deutliches Plus an Fahrgästen.

Auf der Bergedorfer Strecke mit den Linien S 21 und S 2 waren 2019 im Durchschnitt täglich 150.000 Personen unterwegs, im gesamten S-Bahnnetz waren es rund 700.000 Passagiere.