Bergedorf. Spannende Lokalgeschichten aus Bergdorf und sechs Ausflüge auf 208 Seiten beschrieben. Das Buch kostet 16,80 Euro.
„Das darf doch wohl nicht wahr sein“, dachte Silke Schopmeyer, als sie in einer Buchhandlung fein säuberlich die Reihe des Hamburger Junius-Verlags studierte: Da gab es das „Ottensenbuch“ und das „Eimsbüttelbuch“, eines zur Schanze und eines über Barmbek und überhaupt: 13 kleine Bücher mit Lokalkolorit aus den Vierteln – bloß Bergedorf fehlte.
Selbst beim Verlag angefragt
Das rührte natürlich am Lokalpatriotismus der 50 Jahre alten Schriftstellerin, die sofort beim Verlag anfragte. Das Ergebnis: Jetzt endlich gibt es auch das „Bergedorfbuch“, 208 Seiten für 16,80 Euro – mit reichlich historischen Bildern, die Privatleute beisteuerten.
Gleich vorab: Ja, auch Lohbrügge und die Vier- und Marschlande kommen darin vor – „bloß in Neuallermöhe gibt es ja nicht so viel zu sehen“, meint Silke Schopmeyer, die selbst im Landgebiet aufwuchs, heute mit Mann und drei Kindern in Nettelnburg lebt.
Russische Blutegel in Bergedorf?
Eigentlich kennt sie ihre Heimat längst gut, aber etliche Gespräche und auch geführte Rundgänge durch Kirchen und über die Sternwarte brachten doch neue Geschichten zum Vorschein: „Ich wusste zum Beispiel nicht, dass Vierländer Kleinbauern mal russische Blutegel gesammelt und bei einem Händler im Suhrhof abgegeben haben. Auch der Gesundbrunnen in Bergedorf-Süd hat seine besondere Geschichte mit heilsamer Wirkung“, so die Autorin, die sich stärker für menschliche Geschichten als für Jahreszahlen interessiert.
Sechs Rundtouren beschreibt sie „aus den Augen eines Touristen“, davon führen drei (per Fahrrad) durchs Landgebiet, eine vom neuen Körber-Haus über Reitbrook bis nach Spadenland. „Mit Touri-Tipps kenne ich mich aus, schließlich führen meine Eltern ein Gästehaus in Kirchwerder.“
Umweltskandal mit Hafenschlick
Und so werden die Ackerperlen ebenso erwähnt wie die Tomatenretter, das Wunderlandhaus am Süderquerweg, der Weinhandel Achter de Wisch und die Dinkelbackstube am Neuengammer Hausdeich. Gleich zwei Seiten lang wird der Hof Eggers beschrieben, „und natürlich darf ein kleiner Umweltskandal nicht fehlen, da habe ich über die Bille-Siedlung geschrieben mit ihrem Hafenschlick, wo jetzt der Golfplatz ist“.
Zwar gebe es auch viele hässliche Ecken in Bergedorf, aber ihr Fokus liege auf dem Schönen. Und dazu zähle nun mal der „Italiener mit großem Herz“ am Lohbrügger Markt, der „großartige White-Cube-Club“ und das „weltbeste Marzipan“ der Bäckerei Erdmann, ebenso der Secondhandladen „Ansichtssache“ an der Ernst-Mantius-Straße (der Reetwerder hat sogar seinen eigenen Artikel) und das Kultur-Antiquariat in der Passage der Alten Holstenstraße.
Subjektive Empfehlungen
Manches ist selbst für Bergedorfer noch ein Geheimtipp, so auch die freie Kunstschule an der Holtenklinker Straße, wo Kunst als „der Klebstoff einer aufgeklärten Gesellschaft“ beschrieben wird. Übrigens ganz wichtig: „Ich konnte mir frei aussuchen, welche Adressen ich nenne und habe mich dabei einfach nur subjektiv von meinem Geschmack leiten lassen“, betont Silke Schopmeyer.
Hartgesottenes Deichkind-Management
Erwähnung finden Neues (das künftige Design-Hotel an der Serrahnstraße) und Altes wie das Fachwerkhaus neben Kaffee Timm, das „dank einer Bürgerinitiative“ gerettet werden konnte. Schopmeyer lobt: „Überhaupt gibt und gab es in Bergedorf ganz viel Engagement durch Bürgerinitiativen.“ Eine Vorgabe des Verlags fiel ihr besonders schwer, denn es sollten bekannte Namen genannt werden. Damit sich Helmut Schmidt, Jörg Pilawa und die sportlichen Johannesen-Brüder nicht einsam fühlen, kamen Schriftstellerin Ida-Boy-Ed und Girija Harland dazu, die den Verein der Bergedorfer für Völkerverständigung leitet. Fürs Landgebiet stehen etwa Hertha Borchert (Mutter von Wolfgang), der Gründer des Lübecker Dräger-Werks und die Band Deichkind – „die Musiker haben ein fettes Management, dass ich die erwähnen durfte, war nicht leicht, das musste ich lange absprechen.“
Als nächstes folgt Deichkrimi Nummer 4
Trotz aller Sprachkünste kann die Privatdozentin für Spanisch, Italienisch und Französisch auch künftig das Schreiben nicht lassen: Nach einem Kinderbuch und drei Deich-Krimis ist gerade ein vierter Krimi in der Mache, der den Arbeitstitel „Deich in Not“ trägt. So recherchiert sie bei Feuerwehr und Deichverband, da eine Sturmflut droht, im Winter der Deich brechen könnte. „Zum Glück gibt es in meinen Krimis aber nicht so viele Leichen. Dafür ein heldenhaftes Brüderpaar aus dem Morgenland, das alle retten will.“
Mehr wird natürlich noch nicht verraten: Im Herbst soll der Roman erscheinen.