Bergedorf. Bewegung hat den Bezirk vor 50 Jahren überregional ins Gespräch gebracht. Historiker arbeitet Geschichte auf.

Vor 50 Jahren hat die APO Bergedorf den Bezirk in ganz Deutschland ins Gespräch gebracht – allerdings nicht nur positiv: Nirgends sonst wurden die antiautoritär-sozialistischen Gedanken der 68er-Bewegung so aktiv im politischen Alltag angegangen, wurden Wahlkampfauftritte von Rainer Barzel bis Helmut Schmidt konsequent in Diskussionsforen etwa über wirtschaftliche Gerechtigkeit verwandelt oder die guten Kontakte der NPD ins Rathaus zerstört.

Die Außerparlamentarische Opposition (APO) Bergedorf war ein bunter Haufen von rund 50 Aktiven, darunter Schüler und Studenten, aber auch viele junge Handwerker und Lehrlinge. Und ein markanter Kopf: Alfred Dreckmann, Volksschullehrer, überzeugter Sozialist, DKP-Funktionär und mit seinen damals schon über 30 Jahren sowas wie der Anführer der Aktivisten.

Veröffentlichung anlässlich des weltweiten Antikriegstages

„Die APO hat mich für mein ganzes Leben geprägt. Alfred hat uns gezeigt, dass alles, was ungerecht erscheint, hinterfragt und verändert werden kann“, sagt Dr. Arne Andersen (69), der damals Schüler am Hansa-Gymnasium war.

Auch das Werk der Bergedorer APO: Bei einem Farbanschlag benannten die Aktivisten das Luisen-Gymnasium im Januar 1969 in „Rosa Luxemburg Schule“ um. Das Hansa-Gymnasium wurde gleichzeitig zur „Ernst Thälmann Schule“.
Auch das Werk der Bergedorer APO: Bei einem Farbanschlag benannten die Aktivisten das Luisen-Gymnasium im Januar 1969 in „Rosa Luxemburg Schule“ um. Das Hansa-Gymnasium wurde gleichzeitig zur „Ernst Thälmann Schule“. © BGZ

Jetzt setzt er dem damaligen „Spiritus Rector“ und der Bergedorfer APO insgesamt ein Denkmal: Wenn am Montag aus Anlass des weltweiten Antikriegstages die Chronik des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes samt umfangreicher Materialsammlung unter https://sds-apo68hh.de im Internet freigeschaltet wird, ist auch Bergedorfs APO dabei: „Große Teile von Alfreds Archiv sind dort erstmals einsehbar, auch die ersten Seiten seiner Biografie, die er vor seinem Tod vor elf Wochen leider nicht mehr vollenden konnte.“

Andersen schreibt an einem Buch über die APO

Arne Andersen, selbst promovierter Historiker und lange Schulleiter in Nordrhein-Westfalen, führt damit weiter, was Alfred Dreckmann seit seiner Pensionierung als Leiter des Bergedorf-Museums im Schloss plante: Die Geschichte der Bergedorfer APO aufzuschreiben, die 1968 nach dem Attentat auf den Berliner Studentenführer Rudi Dutschke begann und schon 1970 endete. „Unser neues Denken, das Hinterfragen von Ungerechtigkeiten und überkommenen Strukturen verdient es gerade heute, öffentlich einsehbar zu sein“, sagt Andersen, der bereits am Buch über die APO schreibt. Veröffentlichung: 2021.