Bergedorf. Hinter den Kulissen der Online-Konzertreihe „Bühne frei – live dabei“. Zahlreiche Klicks nicht nur beim Auftritt von Steve.K & Bea.

Das gibt’s doch nicht! Beim Soundcheck lief Hauptkamera eins noch einwandfrei. Doch kaum hat das Rock-und-Pop-Duo Steve.K & Bea sein Onlinekonzert mit dem Bon-Jovi-Klassiker „It’s My Life“ gestartet, fällt die wichtigste Einstellung des Livestreams aus. Carsten Neff, der die Reihe „Bühne frei – live dabei“ dieses Mal im Mahlzimmer der Bergedorfer Mühle umsetzt, verfällt aber nicht in Hektik. Noch im laufenden Titel steckt der 52-Jährige ein paar Kabel um, drängt sich durch die Enge der Mühle zum defekten Teil vor, macht den Check – und die Übertragung ist wieder unter Kontrolle.

„Richtig was schiefgegangen ist bei den 23. Livestreams noch nichts“, sagt Medienprofi Neff. Mal ein Kameraausfall, ein kaputter Scheinwerfer, eine durchgebrannte Sicherung – alles kein Problem, denn der Stream, die Hauptsache also, funktionierte bisher immer. Und wie: 45.000 Klicks erreichte „Bühne frei“ in der Spitze auf www.bergedorfer-zeitung.de, nur selten verweilen Rezipienten allerdings ein komplettes Konzert, klicken eher mal rein. Zu jeder Show wählte sich sogar ein Zuschauer aus den USA ein, sagt Carsten Neff – wobei bisher unklar ist, welchen Bergedorfbezug derjenige hat.

Carsten Neff setzt unter anderem auf mehrere Kamerapositionen

Stefan Klingauf an der Gitarre und Ehefrau Beate am Cajón während ihres Gigs in der Bergedorfer Mühle: Das Paar aus Kirchwerder spielte als allererstes ein Konzert im ersten Stock der Produktionsstätte.
Stefan Klingauf an der Gitarre und Ehefrau Beate am Cajón während ihres Gigs in der Bergedorfer Mühle: Das Paar aus Kirchwerder spielte als allererstes ein Konzert im ersten Stock der Produktionsstätte. © Jan Schubert | Jan Schubert

Neff war während der Corona-Pandemie und dem damit verbundenen Lockdown aller kulturellen Einrichtungen der erste, der einen professionellen Konzert-Livestream in Kooperation mit der Bergedorfer Zeitung anbot. Im Gegensatz zu etwa mit Smartphones abgefilmten Auftritten setzt der Journalist auf mehrere Kamerapositionen, beste Ton- und Bildqualität.

Das erfordert je nach Spielstätte mehr oder minder ausführliche Aufbauarbeiten: Im ersten Stockwerk der Mühle ist es eng, dorthin führt nur eine steile Holztreppe. Hier hat noch nie jemand ein Konzert gespielt. Die Klassiker, von David Bowies „Heroes“ bis zu Peter Maffays „Eiszeit“, des Duos aus Kirchwerder sollen doch zwischen Klüver, Haferquetsche und Schütte vernünftig klingen.

Technisches Equipment allein bis in die dritte Etage schleppen

Spielte eine Supershow im Rieck-Haus: das Schlagerduo Jelfi.
Spielte eine Supershow im Rieck-Haus: das Schlagerduo Jelfi. © NEWS & ART | Carsten Neff

Drei Stunden Aufbau, eine knappe Stunde Show, zweieinhalb Stunden Abbau. Neff ist normalerweise mit den Künstlern allein im Raum, erhält aber dieses Mal Unterstützung von Andreas Güldner aus dem Vorstand des Mühlenvereins. „Wegen Corona“, sagt der Bühne-frei-Chef, „ist es nicht möglich, ein großes Team aufzurufen“.

Die Mühle ist herausfordernd – doch nirgendwo war es so anstrengend wie am Luisen-Gymnasium. Dort spielte Malte Gohr klassische Klaviermusik aus der Schulaula – und genau das war auch das Problem: „Der Flügel steht im dritten Stock, deshalb musste ich mein gesamtes Equipment hochschleppen“, erinnert sich Neff.

Jelfi im Rieck-Haus publikumsstarkes Konzert

Apropos Klassik: Eben solche Musiker und auch Schlagerinterpreten wie etwa der Auftritt von Jelfi im Rieck-Haus spielten bisher die publikumsstärksten Konzerte. Gern erinnert sich Kameramann Neff auch an den Irish-Folker Wolfgang Buck im Café Chrysander, „weil der zur Musik auch Alleinunterhalter war und richtig mit der Kamera spielte“. Die Vielfalt der Musik und der Konzertstätten sei das Erfolgsgeheimnis der Reihe.

Justiert Kameras vor jedem Corona-Konzert präzise: Carsten Neff (52).
Justiert Kameras vor jedem Corona-Konzert präzise: Carsten Neff (52). © Jan Schubert | Jan Schubert

Der Bühne-frei-Macher muss aber nicht nur über technisches Know-how verfügen: „Ich bin auch als Motivator gefragt.“ Auch Steve.K & Bea, die eigentlich Stefan und Beate Klingauf heißen, werden eingestimmt. „Keine zu langen Ansprachen, ab und an in die Kamera schauen – und ihr braucht etwas zum Einstieg, das die Leute mitnimmt.“ – „Okay, dann machen wir ,Heroes’ oder ,Dust in the Wind’“, sagt Stefan Klingauf – um nur Sekunden später bei seiner Partnerin und Hausherr Güldner nachzufragen: „Oder was meint ihr?“ – „Vielleicht wäre ,It’s My Life’ doch eingängiger und fetziger.“ Und so kommt es auch: Steve.K & Bea begeistern von Beginn an. Wie auch Carsten Neff, der es schafft, zwischen Bildschnitt, Regieanweisungen und Facebook-Check auch den Blick auf die Künstler zu wagen: „Wenn alles läuft, kann ich auch genießen. Das ist für mich ja auch ein wöchentliches Privatkonzert.“

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„Bühne frei“ besitzt einige Grundregeln: Nie mehr als zwei Künstler, die genau wie der Spielort aus dem Verbreitungsgebiet kommen sollten. Dass die Resonanz auf das Streaming-Angebot dauerhaft so gut ausfallen würde, überraschte aber auch Neff, der auf jeden Fall weitermachen wird: „Solange der Zuschauer will.“