Bergedorf. Bericht im Jugendhilfe-Ausschuss. Zahlen steigen um 15 Prozent. Grund könnte auch ein verändertes Anzeige-Verhalten sein.
Der Blick auf die jüngste Statistik stimmt ihn zufrieden: „Die erfreuliche Tendenz der letzten Jahre setzt sich fort. Die Zahl der Tatverdächtigen unter 21 Jahren ist in Hamburg um vier Prozent gesunken“, verkündete André Vollmer im Jugendhilfe-Ausschuss. Der Jugendbeauftragter der Bergedorfer Polizei ergänzt: „Jeder fünfte Tatverdächtige in der Stadt unter 21.“
Betrachtet er die Bergedorfer Zahlen, sieht es dennoch nicht ganz so rosig aus, denn immerhin gab es im Vergleich zum Vorjahr 30 Rohheitsdelikte mehr, die größte Zunahme findet sich bei den Kindern: Waren es zuletzt 78, wurden 2019 schon 90 unter 14-Jährige gemeldet. „Das waren insgesamt 200 tatverdächtige Kinder, macht einen Anstieg von 15 Prozent“, so Vollmer – und sucht nach möglichen Ursachen: „Es kann am Anzeigeverhalten sensibler Eltern liegen, die bei einer Auseinandersetzung in Kita und Grundschule schon mal schneller eine Anzeige erstatten. Vor zehn Jahren wurde sowas wie Raufereien, Haareziehen und Schubsen einfach schulisch geregelt, jetzt geht man zur Polizei.“ Wobei die Erwartungshaltung groß sei: „Wir kommen nicht mehr ‘ran, die Polizei ist eindrucksvoller“, heiße es oft. Vollmer: „Wir bieten Hilfegespräche an, aber die Kinder sind nicht strafmündig, daher stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren schnell ein.“ So zeige sich, dass die Zahl zwar hoch sei, aber keine Wirkung der Strafverfolgungsbehörden nach sich ziehe.
Anstieg bei Körperverletzungen
Wenig zimperlich kommen die Zahlen der reinen Körperverletzungen daher: 69 waren es im Vorjahr unter Kindern, in 2019 wurden bereits 85 gemeldet. Davon fielen 53 sogar in den Bereich gefährliche und schwere Körperverletzung - das macht ein erschreckendes Plus von 20. Ähnlich sieht es bei den Jugendlichen aus, die ein Plus von 19 Fällen verzeichnen (55 schwere Körperverletzungen insgesamt). Grün indes zeigt sich die Statistik bei den Heranwachsenden: 32 Meldungen waren immerhin sieben weniger als im Vorjahr.
„Die Gewalt in Hamburg nimmt nicht zu, aber ein kleiner Teil ist für viele Taten verantwortlich“, betont André Voller – und schaut erneut auf Bergedorfer Zahlen: 2018 habe es 10.026 registrierte Straftaten gegeben, im Vorjahr 9470. Das bedeute einen Rückgang von 5,5 Prozent. Dass es weniger Tatverdächtige gebe, sei überdies unabhängig von der demografischen Entwicklung in der Stadt: „Wir haben 10,4 Prozent mehr Einwohner als vor zehn Jahren. Aber die Straftaten sind um 30 Prozent zurückgegangen“, betont der Polizist.
Mehrere Fälle von Vandalismus
Ob es in Corona-Zeiten schon mehr Meldungen zu häuslicher Gewalt gegeben habe, fragten die Jugendpolitiker nach. Doch Voller schüttelt den Kopf: „Das Level ist konstant. Aber wir sehen ja nur das Hellfeld im Ermittlungsverfahren und können nicht hinter verschlossene Türen gucken.“
Dennoch wird offenbar, wie sehr sich mancher zu Pandemie-Zeiten langweilt: „Wir mussten Vandalismus melden und haben nachts hinter dem Haus Jugendgruppen mit Alkohol getroffen“, sagt Kathrin Hettwer, die das Kinderhaus St. Elisabeth leitet. „Bei uns mehrer sich die Einbrüche, zuletzt wurden Keyboard, Musikanlage und Spielekonsolen geklaut“, sagt Stefan Baumann vom Jugendclub „Clippo“. Da wurden Lamellen durchgeschnitten, die Terrassentür aufgehebelt, die Schlüsselanlage zerstört und der Tresor mitgenommen. „Tagsüber wollen wir den Eltern vermitteln, dass wir ein sicherer Ort sind. Aber in den Abend- und Nachtstunden ist Boberg nicht mehr so klein und beschaulich“, so der Pädagoge – und freut sich, dass das Bezirksamt immerhin noch in den Sommerferien eine Alarmsicherung installieren will.