Bergedorf. Flugreisen sind noch rar und teuer, die Kunden zurückhaltend. Bergedorfer Reise-Experten raten zu Rad- und Wanderreisen im Heimatland.
Das Alltours-Reisebüro in Neuallermöhe ist „derzeit nicht besetzt“. Die Kunden wollen derzeit nicht reisen, heißt es auch im Karstadt-Reisebüro. Es geht allein um Stornierungen und Rückbuchungen. „Die Nachfrage ist mau“, bestätigt Alain Freemann von Lastminute Bergedorf am Bahnhof: Habe er von März bis Mai 2019 noch 400.000 Euro Umsatz gemacht, seien es im Vergleich jetzt bloß 19.000 Euro: „Eigentlich halte ich mich nur von den Spenden meiner Kunden über Wasser.“
Dass aber alle 17 Millionen Urlauber plötzlich daheim in Deutschland bleiben werden, kann er kaum glauben. Wer indes Fernweh hat, muss tief in die Tasche greifen: „Eine Woche auf dem kroatischen Festland kostet mindestens 1100 Euro für einen Single. Und eine Familie mit zwei Kindern kriege ich für 3400 Euro zehn Tage nach Mallorca. Da sind auch die Besuchszeiten am Pool all inclusive“, sagt Freemann: „Ist doch toll, wenn man viel Platz hat.“
Ist das Urlaub – mit Maskenpflicht und begrenzter Zeit im Pool?
Das sieht nicht jeder so: „Da dürfen maximal fünf Leute im Pool sein, es gibt kein Büfett und im Hotel muss man Masken tragen. Also für mich persönlich wäre das kein Urlaub, da bleibe ich lieber daheim im Kabuff“, meint Dieter Hartmann. Er leitet das Vierländer Reisebüro und rät bis Oktober erst mal niemandem, sich in einen Flieger zu setzen: „Wir nagen im Moment wirklich am Hungertuch, aber gerade älteren Menschen solche Reisen zu verkaufen, wäre mir zu gefährlich.“ Ein Ferienhaus in Dänemark könne er durchaus realisieren. Wer zeitlich flexibel sei, finde bei eigener Anreise auch noch Unterkünfte in Österreich und der Schweiz. „Außerdem sollte man schon seine Kreuzfahrt für 2021 buchen“, so Hartmann, der sich optimistisch gibt: „Ende dieses Jahres haben wir garantiert einen Impfstoff.“
Derzeit jedenfalls gebe es kaum Neubuchungen: „Das ist bei weitem nicht die Hälfte von vorher. Aber wir können noch Rad- und Wanderreisen vermitteln, etwa zum Boden- oder Chiemsee und nach Rügen“, sagt Ralph Benecke vom Reiseveranstalter Sunwave, der sich in Lohbrügge auf Angebote für Alleinreisende spezialisiert – und riesige Umsatzeinbußen hat: „Wir haben mehrere Tausend Kunden rückabgewickelt“, sagt Benecke, der auf einen breiteren Rettungsschirm hofft, als er derzeit im Bundestag diskutiert wird.
Derzeitiger Zuschuss ist kein großer Anreiz
Noch sei das Konjunkturpaket nicht in allen Details abgesprochen. „Aber wir wollen auf jeden Fall die ausbildungsintensive Tourismusbranche unterstützen und eine Prämie von 2000 bis 3000 Euro je Ausbildungsvertrag zahlen“, sagt SPD-Politiker Metin Hakverdi.
Ralph Benecke indes rechnet anders: „Ein Azubi kostet doch 12.000 Euro im Jahr. Da ist ein Zuschuss von 2000 Euro wirklich kein großer Anreiz.“