Bergedorf. Der Betrieb im „BeLaMi“ läuft zunächst nur testweise. Auch hier gilt: Abstand halten, Datenerfassung, Mund- und Nasenschutz.

So eine Durststrecke hat es in der 16-jährigen Historie des „BeLaMi“, der Kultur-Kneipe an der Holtenklinker Straße 26 und für viele Bergedorfer eine Art „zweites Wohnzimmer“, noch nie gegeben. „Wir waren höchstens mal zwei Wochen im Urlaub“, sagt Nadine Weil, Frau des Betreibers Michael „Mike“ Weil. Doch mit dem coronabedingten Lockdown musste die beliebte Spielstätte auch Mitte März dichtmachen. Für satte drei Monate – am morgigen Freitag indes öffnet das „BeLaMi“ wieder, das auch nach den Corona-Lockerungen aus mehreren Gründen zunächst geschlossen blieb.

Das Ganze ist erstmal ein Testlauf, gibt Mike Weil zu: „Wir wollen uns zunächst diesen Freitag und Sonnabend von 18 bis 23 Uhr rantasten und sehen, was passiert“, erklärt der Gastgeber und ergänzt: „Wir öffnen nicht unter kaufmännischen Gesichtspunkten, sondern für unsere lieben Stammgäste, von denen wir viele Anfragen hatten.“ Alles unter Corona-Standards: Abstandsregeln, Datenerfassung, Mund- und Nasenschutz.


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Kultur-Kneipe „BeLaMi“ bietet 40 Plätze im Restaurant

40 Plätze in Restaurant und Lounge sowie 20 weitere im Biergarten bleiben je nach Gruppenzusammensetzung übrig. Doch dass die alle besetzt werden, davon geht Ehepaar Weil in diesen unsicheren Zeiten eher nicht aus. Dementsprechend übersichtlich ist das kulinarische Angebot: zwei Sorten Bier, Spaghetti Bolognese, veganes und normales Chili con Carne.

Insgesamt ist die „BeLaMi“-Rückkehr eine Frage der Kosten. Denn die finanzielle Lage hat sich verschlechtert seit Ende März: „Mit den 11.500 Euro, die wir von der Corona-Soforthilfe bekamen, konnten wir einiges bezahlen. Natürlich ist dieses Geld aber durch Monate ohne Einnahmen verpufft.“ Auf Finanzhilfen der Kulturbehörde hingegen warten die Weils noch.

Betreiber wollen erstmal komplett ohne Personal arbeiten

Die Schließung hat nicht nur vielen Stammgästen wehgetan, sondern insbesondere auch den Weils – gerade finanziell. „In den Monaten März und April hätten wir durch Veranstaltungen und Gesellschaften 40.000 Euro verdient. Davon leben wir“, beklagt Mike Weil herbe Verluste durch die pandemiebedingten Absagen, „wir dürfen durch die Wiedereröffnung auch keinen Euro mehr verlieren“. Denn zu laufenden Kosten kommen durch den Neustart auch weitere hinzu, beispielsweise durch den Mehrverbrauch an Strom.

Wann Kultur, Konzerte und Partys wieder gehen, sei nicht prognostizierbar. „Wir wollen erstmal komplett ohne Personal arbeiten, weil das natürlich auch Kosten verursacht“, erklärt Nadine Weil. Normalerweise packen im „BeLaMi“ noch ein festangestellter Koch sowie fünf bis sechs Aushilfen im Service mit an.

Durch Corona-Regeln leide die Gemütlichkeit

Zustimmende Worte hört Weil vom Kollegen Andreas Laitenberger, seines Zeichens Chef der Bar im Lola-Kulturzentrum. Laitenberger empfängt seit vier Wochen wieder Gäste und meint: „Kollege Weil hatte recht, nicht gleich zu öffnen. Das ist ein vom Hamburger Senat vorgegebenes Kamikazespiel, auf das wird uns eingelassen haben und von dem keiner weiß, wie es ausgeht.“

Denn der Zuspruch sei überschaubar, durch die Corona-Regeln leide die Gemütlichkeit. Und in einem sind sich die Kneipiers einig: „Auf lange Sicht fehlt die Perspektive für Veranstaltungen und Discoabende“, sagt der Lola-Bar-Chef.

Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt – auch bei Mike Weil: Unentwegte haben bei ihm für den 1. August eine große Geburtstagsfeier gebucht, zwei Wochen später soll eine Silberhochzeit steigen. „Wir setzen natürlich darauf, dass es weitere Lockerungen gibt“, sagt Nadine Weil. Aktuell aber bleibt die schrittweise Rückkehr zu regelmäßiger Öffnung das Nahziel, beispielsweise an drei bis vier Wochentagen. Und es könnte noch ein Novum in der Geschichte des Hauses geben: „Wir überlegen, ob wir am Sonntagnachmittag Kaffee und Kuchen anbieten können“, sagt Mike Weil.