Bergedorf. Sanierung steht seit über einem Jahr still. Initiative zur Erhaltung historischer Bauten empfiehlt Übertragung an Deutsche Stiftung Denkmalschutz.
Die Initiative zur Erhaltung historischer Bauten schlägt Alarm: „Wir haben große Sorgen um das 300 Jahre alte Fachwerkhaus neben Kaffee Timm, dessen 2017 begonnene Sanierung seit weit über einem Jahr brach liegt“, sagt Vorstandsmitglied Jörn-Uwe Lindemann, der schon die Abrissbagger hört: „Das ist ein neuer Kandidat in Bergedorfs Altstadt, die zwar mit ihrer historischen Bausubstanz wirbt, aber aus immer mehr Neubauten besteht.“
Decke notdürftig abgestützt
Ein Blick durch das Guckloch in der alten Eingangstür scheint die schlimmsten Befürchtungen zu bestätigen. Geziert vom Spruch „Es geht voran, sehen Sie selbst!“ ist nacktes Mauerwerk zu sehen, der Fußboden fehlt ganz und die Decke wird notdürftig mit Maurerstützen gehalten.
Baustelle nicht mit Denkmalschutzamt abgestimmt
Während die Verwalterin der Immobilie gestern für unsere Zeitung nicht erreichbar war, bestätigt das Denkmalschutzamt auf Anfrage der FDP, dass es die von ihm nicht genehmigte Baustelle bereits nach einem Ortstermin im April 2018 stillgelegt hatte. Begründung: Die Gebäudestatik war so gefährdet, dass das Einsetzen der provisorischen Stützen angeordnet werden musste. Zudem wurde das Hinzuziehen eines Statikers und eines Experten für Schädlingsbekämpfung dringend empfohlen, weil bei der Begehung ein Befall der tragenden Holzkonstruktion festgestellt worden war. Doch noch immer warte das Amt auf die Empfehlungen dieser Fachleute, damit dann „mit den weiteren Schritten zur Instandhaltung des Denkmals begonnen werden kann“.
„Neubau wäre deutlich lukrativer“
Dass es die Gutachten bis heute nicht gibt, lässt Lindemann und Vorstandskollegen Dr. Geerd Dahms Böses fürchten: „Die denkmalgerechte Sanierung geht mittlerweile in den siebenstelligen Eurobereich“, schätzt Denkmalsachverständiger Dahms. „Da wäre ein Neubau an dieser prominenten Stelle direkt an der Fußgängerzone deutlich lukrativer.“ Sollten die Eigentümer unter Hinweis auf die unverhältnismäßig hohen Erhaltungskosten eine Abrissgenehmigung erhalten, wäre das ein unersetzlicher Verlust für Bergedorf: „Dieses ist die letzte erhaltene sogenannte Bude eines Kaufmannshauses – ein eigenständig wirkender Anbau, in dem die Arbeitskräfte des Kaufmanns lebten.“
Sanierung als „Bergedorfer Jugendbauhütte“
Die Initiative zur Erhaltung historischer Bauten fordert das Denkmalschutz- und das Bezirksamt auf, der Hängepartie in Sachen Sanierung des um 1732 erbauten Hauses ein positives Ende zu setzen: „Wenn die Eigentümer nicht in der Lage sind, die Arbeiten fortzusetzen, muss eine Alternative her“, so Dahms. „Das kann eine Übertragung an die Deutsche Stiftung Denkmalschutz sein – notfalls auch für einen Euro.“ Die Sanierung könnte dann als „Bergedorfer Jugendbauhütte“, vergleichbar mit den Arbeiten an der historischen Kate am Moorfleeter Deich, endlich starten.