Bergedorf. Was bewegt einen Oberarzt, in den Bayrischen Wald zu ziehen? Wo werden die meisten Anästhesisten gebraucht? Der Personalvermittler will helfen.
Auf dem Tisch liegt der „Harvard Business Manager“, an der Wand finden sich etliche Namen, Berufe und ein dicker roter Punkt: Derzeit sucht eine Klinik im Oldenburger Land dringend zwei Oberärzte für die Anästhesie. „Da rufen wir bis zu 2000 Ärzte an und fragen, ob sie sich verändern wollen. Manchmal müssen wir uns bei Krankenschwestern und Sekretärinnen durchfragen, bis jemand ihm im OP den Hörer ans Ohr hält, weil die Hände steril bleiben müssen“, sagt Christian Lorek schmunzelnd. Meist telefoniert er dann am späten Abend nochmal mit dem Mediziner, der sich beruflich verändern will. Denn Lorek ist Headhunter für Weißkittel, also Personalvermittler für Ärzte – und seit 19 Jahren selbstständig in Bergedorf.
Gutes Gehalt und hohe Verantwortung
„Manche erzählen schon in den ersten Minuten, was sie verdienen und dass sie überlastet sind“, wundert sich Christian Lorek. Er weiß, dass 50- bis 70-Stundenwochen in der Branche normal sind, samt 15 Nächten Bereitschaftsdienst. Dafür verdiene ein Leitender Oberarzt bis zu 200.000 Euro im Jahr, ein Chefarzt bis zu 500.000 Euro. „Aber er trägt auch die zehnfache Verantwortung“, sagt der Personalvermittler, der sich nicht nur den Lebenslauf schicken lässt: Natürlich sei es interessant, wenn die Anästhesistin eine Zusatzqualifikation in der chinesischen Diätetik hat. Aber der persönliche Eindruck der Kandidaten ist ebenso wichtig („klar strukturiert und bodenständig“) wie deren Softskills („kommunikativ und belastungsfähig“) und Verfügbarkeit („Umzug trotz Schulkind möglich“).
Auch Nobel-Klinik sucht Personal
Mediziner aus Iran oder Syrien seien besonders flexibel, weiß Christian Lorek – auch der Bergedorfer, der für eine chinesische Firma nach Polen zog. Manchmal seien internationale Vermittlungen auch leicht, weil etwa „in der Ukraine ein Arzt gerade mal ein Drittel verdient“. Manchmal aber dauere es viele Monate, etwa wenn ein Psychiater für Sexualstraftäter gesucht wird. Leichter dagegen sei es, den Oberarzt für die Berliner Nobel-Klinik zu finden, die nur arabische Privatpatienten behandelt: „Die haben schicke Zimmer, supergutes Essen und holen ihre Patienten teilweise sogar mit dem Hubschrauber ab.“
Bitte in die tiefste Eifel
Händeringend gesucht aber: Wer will in ländliche Gebiete? Eine Klinik bei Dresden etwa sucht gerade gleich drei Leitende Oberärzte. In der Eifel werde dringend ein Gastroenterologe gebraucht. „Da geht es natürlich um den Karrieresprung. Diese Ärzte können sich da mit den ersten sieben Gehältern schon ein Haus mit großem Garten kaufen. Dazu kommen ein familiäres Arbeitsumfeld und die Möglichkeit zum Angeln oder Reiten“, versucht Lorek die Stelle schmackhaft zu machen.
Vertriebler für OP-Tische und Röntgengeräte
Er selbst übrigens ist Biologe, unterrichtete ein Jahr lang an der Bergedorfer Waldorfschule, bevor er in die Personalberatung wechselte. „Mich interessieren die Entwicklungsschritte eines Menschen. Es geht um realistische Lebenswege“, sagt der 54-Jährige. Nicht nur Kliniken fragen um seine Hilfe, auch Konzerne der Medizintechnik. Da werden Vertriebsprofis für OP-Tische, Röntgen- oder Ultraschallgeräte gesucht. Eine Schwedin konnte vermittelt werden, um CT-Geräte an der amerikanischen Ostküste zu vertreiben. „Aktuell suche ich einen Geschäftsführer für einen großen Wirtschaftsverband“, erzählt Christian Lorek, der seine Erfolgsquote mit 94 Prozent errechnet hat. Sein Geheimnis? „Gutes Coaching und Freude an der passgenauen Vermittlung, um Menschen glücklich zu machen“, sagt der 54-Jährige.
Derzeit hofft er auf ganz andere Bewerber, da er selbst Mitarbeiter sucht, „gern Quereinsteiger mittleren Alters“.