Lohbrügge. Mit dem Denkmalschutz ist ein Abriss vom Tisch. Die Entscheidung könnte auch Auswirkungen auf die Umzugspläne der HAW nach Oberbillwerder haben.
Unverputzter Beton, dazu große Fensterfronten aus Glas und Stahl. Für das Denkmalschutzamt ist das „konstruktive Ästhetik“ – und zusammen mit der dominanten Erscheinung der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) am Hang in Lohbrügge jetzt Grund genug, ihr komplettes Ensemble, erbaut 1967 bis 1972, unter Schutz zu stellen.
Hochschul-Sprecher gibt sich wortkarg
Eine für alle Seiten überraschende Entscheidung, die vor allem HAW-Sprecher Matthias Echterhagen wortkarg macht. Platzt sie doch mitten in die frisch verkündeten Umzugspläne der Hochschule, die etwa 2025 Lohbrügge verlassen und im künftigen Stadtteil Oberbillwerder neu bauen will. Fragen unserer Zeitung zu möglichen Auswirkungen des Denkmalschutzes darauf lässt Echterhagen gleich ganz unbeantwortet. Und auch die aktuellen Folgen für die HAW in Lohbrügge scheinen unklar: „In Bezug auf laufende bauliche Veränderungen kann das Auswirkungen haben. Dies wird in einem Gesprächstermin mit dem Amt für Denkmalschutz geklärt werden“, sagt der Sprecher.
„Belebende Vielfalt der Architektur“
Für das Denkmalschutzamt ist die Sache klar: „Veränderungen und Eingriffe ins Denkmal müssen jetzt mit uns abgesprochen werden“, sagt Kulturbehörden-Sprecherin Anja Bornhöft und verweist auf die Gründe der Unterschutzstellung des ausgedehnten Komplexes, dessen Bau vor 50 Jahren von der Stadt Hamburg und dem Bergedorfer Industriellen Kurt A. Körber finanziert wurde: „Die Hochschule dokumentiert das erfolgreiche Zusammenwirken von privatem und öffentlichem Engagement für den Hochschulbau. Die Architekten haben durch Addition weniger elementarer Mittel eine beeindruckende Raumschöpfung und eine belebende Vielfalt in der Architektur verwirklicht.“
Denkmalschutz-Entscheidung schwer zu vermitteln
Eine Sichtweise, die dem nüchternen Betrachter ohne architektonische Vorbildung nur schwer zu vermitteln ist, weiß Bergedorfs Denkmalsachverständiger Dr. Geerd Dahms: „Wir haben hier ein Zeugnis des sogenannten Brutalismus, dessen Architektur sich der Funktionalität statt der Schönheit verschrieben hat. Markenzeichen ist der unverputzte, nackte Beton, der bei Unterschutzstellungen dieser Komplexe regelmäßig für Kopfschütteln bei der Bevölkerung sorgt.“
Einbau von Wohnungen unrealistisch
Wie sich der Denkmalschutz auf die Umzugspläne der HAW auswirken wird, mag auch Dahms nicht bewerten: „Perfekt im Sinne des Denkmalschutzes wäre natürlich die dauerhafte Nutzung als Hochschulstandort, aber auch ein großer Schulkomplex ist denkbar. Nur der Umbau zu Wohnungen dürfte mit dem Denkmalschutz kaum vereinbar sein.“ Die erheblichen Unterhaltungs- und Sanierungskosten des Baukörpers, die die HAW als einen der Hauptgründe für ihren Wegzug anführt, hätten mit der Unterschutzstellung aber keine Schlagkraft mehr: „Das sind typische Materialprobleme des Brutalismus. Nackter Stahlbeton braucht ständig intensive Pflege. Sonst dringt überall Feuchtigkeit ein“, so Dahms. „Einmal unter Schutz gestellt, muss es auch erhalten werden.“