Bergedorf. Bergedorf. Hochschule nennt marode Bausubstanz und fehlende Expansionsmöglichkeiten als Grund. Senat und Oberbaudirektor begeistert.

Kehrtwende bei der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW): Lohbrügge ist für Präsident Prof. Micha Teuscher nicht mehr erste Wahl als Sitz des Bergedorfer Campus’ seiner Hochschule. Seit der 55-Jährige sein Amt im Mai 2017 antrat, musste er sich an allen vier HAW-Standorten nach Expansionsmöglichkeiten umschauen, ist die Studierendenzahl doch seit 2007 mit 11.700 auf heute rund 17.100 rasant gestiegen. Der erste radikale Schritt trifft nun die Fakultät Life Sciences (Lebenswissenschaften) in Lohbrügge: Sie soll in den neuen Stadtteil Oberbillwerder umziehen. So bleibe die HAW dem Bezirk erhalten, sagt Teuscher, werde aber eine erhebliche Aufwertung erfahren.

4000 Studenten in Lohbrügge

In Lohbrügge zählt die Hochschule fast 4000 Studenten, bietet 19 Studiengänge von Ökotrophologie über Bio-Technologie, Medizin- und Umwelttechnik bis zu Rettungsmanagement und Forschung an erneuerbaren Energien. Doch der vor fast 50 Jahren mitten im Stadtteil errichtete Komplex aus Beton und Glas ist in die Jahre gekommen, von der Bausubstanz ebenso wie vom Platz. „Konzipiert war das Gebäude einst für 900 Studierende – und Platz für Erweiterungen gibt es nicht mehr“, sagt Teuscher.

Oberbillwerder bekommt „Gesundheitscampus“

Er spricht von einer „einmaligen Gelegenheit“, die HAW mit einem neuen „Gesundheitscampus“ zu profilieren und die entsprechenden Studiengänge in einem „angemessenen und für Studierende attraktiven Umfeld“ auszubauen. In Oberbillwerder, das voraussichtlich ab 2023 entsteht, könnte es bis zu 5000 Studienplätze geben.

2016 gab es viel Kritik an Umsiedlungsplänen

Bezirksamtsleiter Arne Dornquast (SPD) hatte bereits Anfang 2016 einen Umzug der Fakultät nach Oberbillwerder vorgeschlagen – und sich dafür im Bezirk viel Kritik eingehandelt. Man dürfe die HAW nicht „wegplanen“, hieß es, sondern müsse sich vielmehr verstärkt dafür einsetzen, dass viele aus der Innenstadt einpendelnde HAW-Studenten auch in Bergedorf lebten.

Gutachten: Modernisierung des Altbaus unwirtschaftlich

Dreieinhalb Jahre später machen sich nun die Behörden für Stadtentwicklung und Wissenschaft gemeinsam mit dem Bezirk und der HAW für einen Umzug nach Oberbillwerder stark. Das hängt zusammen mit einem Gutachten zum Zustand der Gebäude in Lohbrügge, das die Wissenschaftsbehörde in Auftrag gegeben hatte. Demnach wäre eine Modernisierung gegenüber einem Neubau unwirtschaftlich. „Auch die Betriebs- und Instandhaltungskosten sind viel höher als bei einem Neubau“, so die Behörde.

„Idealer Baustein für Oberbillwerder“

Genügend Platz gibt es nördlich vom S-Bahnhalt Allermöhe, wo nach dem Willen des rot-grünen Senats auf 124 Hektar ein „lebendiger, gemischt genutzter Stadtteil“ entstehen soll, mit 7000 Wohnungen und bis zu 5000 Arbeitsplätzen. „Für dieses Vorhaben ist der HAW-Gesundheitscampus ein idealer Baustein“, sagt Oberbaudirektor Franz-Josef Höing. „Ich freue mich darüber unglaublich.“

Campus soll „kleinteilig“ integriert werden

Der Umzug trage dazu bei, dass in Oberbillwerder ein Spektrum aller gesellschaftlichen Gruppen vertreten sein werde. Niemand müsse befürchten, dass nun ein großes Hochschulgebäude in diese Bergedorfer Lebenswelt gepfropft werde. „Der neue Campus lässt sich kleinteilig in Oberbillwerder integrieren.“ Für Höing verdeutlicht das Vorhaben auch: „Hamburg ist eine Wissenschaftsstadt – aber nicht nur im Zentrum und in Bahrenfeld, sondern etwa auch in Bergedorf.“

Großes Lob der Senatoren

Mit den Planungen übernehme „die Wissenschaft einmal mehr eine wichtige Rolle für die Stadtentwicklung“, erklärt Wissenschaftssenatorin und Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne). Der neue Stadtteil und die HAW passten gut zusammen, sagt Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD). „Zukünftig wird hier studiert, gelehrt, geforscht, gearbeitet und produziert und nicht nur gewohnt.“

Bezirksamtsleiter zufrieden

Bestätigt sieht sich Arne Dornquast: „Die HAW wird Oberbillwerder bereichern und zeigt bereits heute, wie attraktiv der 105. Hamburger Stadtteil für das Wohnen und Arbeiten werden wird.“