Bergedorf. Bergedorf. Zwei weitere Geschäfte in Bergedorfs Einkaufsmeile schließen. BID Sachsentor befürchtet weitere Abgänge.

Zwei weitere Einzelhandelsgeschäfte verlassen Bergedorfs Bummelmeile, das Sachsentor. Bereits zum 31. August wird Tchibo Prozente aus dem Sachsentor 53 ausziehen. 20 Meter weiter, am Sachsentor 61, gibt zum Jahresende Lolli, ein Fachgeschäft für Geschenkartikel, Dekoration und Accessoires, seine letzte Filiale auf. Im Gebiet des BID Sachsentor, des Zusammenschlusses der Grundeigentümer, steigt die Zahl der leer stehenden Läden zwischen Mohnhof und Serrahn zum Jahresende damit auf elf an.

Einer, der sich in Bergedorf auskennt, sieht die Zukunft kritisch: „Die Lage ist bereits schwierig bis dramatisch“, sagt Karl-Dieter Broks von der ICE Immobilien Consulting und Entwicklung, einem der Gesellschafter des BID-Aufgabenträgers, „und es wird noch schlimmer werden“. Laut Broks wollen zwei weitere Unternehmen das Sachsentor voraussichtlich bis Jahresende verlassen.

„Überkandidelte Forderungen“ der Vermieter

Die Gründe für die „schwierige bis dramatische“ Lage sieht Karl-Dieter Broks in sinkenden Umsätzen aufgrund des weiter anwachsenden Internet-Handels sowie zu hohe Monatsmieten der Hauseigentümer. So lägen Leerstände im Sachsentor zum Teil auch darin begründet, dass Vermieter bis zu 7000 Euro für knapp 100 Quadratmeter verlangten. „Das sind überkandidelte Forderungen, aber zu dieser Einschätzung müssen die Vermieter von allein gelangen“, sagt Broks.

Bei den aktuellen Geschäftsaufgaben sind wirtschaftliche Faktoren ausschlaggebend. Tchibo Prozente sei von vornherein ein Pop-up-Versuchsballon über 18 Monate gewesen, sagt Andreas Engelmann, Pressesprecher bei Tchibo. Aber: „Der Standort ist zu klein, es rentierte sich nicht.“ In den Prozente-Filialen – davon gibt es bundesweit 35 – bietet der Konzern Artikel an, die platzmäßig nicht in gewöhnliche Filialen wie beispielsweise im CCB hineinpassen, etwa Gartenmöbel oder Schränke. Allerdings habe sich das Konzept im Herzen Bergedorfs nicht durchgesetzt, sagt Engelmann.

Internet-Handel zerstört „Lolli“

Auch Lolli-Gründerin Adelheide Goetze-Meyer beklagt ein Drittel Umsatzeinbußen seit dem Jahr 2014: „Die jungen Leute kaufen nicht mehr bei uns. Es ist einfach cooler, im Internet zu kaufen“, sagt die Frau, die Lolli vor 22 Jahren gründete. Jetzt schließt Adelheide Goetze-Meyer die letzte ihrer vormals drei Filialen in Hamburg. Früher sei die Sachsentor-Filiale proppevoll gewesen, jetzt werde nicht mal mehr geklaut. „Dann weiß man, dass das Geschäft nicht mehr angesagt ist.“

„In wenigen Monaten sind alle Geschäfte wieder vermietet.“ Dies sagte Stefan Orth Ende 2017 als damaliger Geschäftsführer des BID Sachsentor. Zu dieser Zeit standen in Bergedorfs Haupteinkaufsstraße sechs Läden leer, beispielsweise im Sachsentor 7, 10 oder 53. Orth irrte, großartig getan hat sich nichts. Im Gegenteil: Mittlerweile strichen nach Damenmoden Klier und Ladies’ Fashion auch Tom Tailor, der Krimskrams-Laden Tiger oder zuletzt die Pâtisserie Andreas die Segel.

„Wir müssen gemeinsam die Attraktivität des Standorts steigern“, meint Karl-Dieter Broks und fordert neben einer Verlängerung des BID weitere Institutionen aus Politik, Wirtschaft, Bezirksamt und Gesellschaft auf, an diesem Ziel mitzuwirken. Die Bemühungen der Projektentwickler der steg Hamburg, beispielsweise leere Flächen wie das Sachsentor 50 mit Pop-up-Stores zu bespielen, seien gut, reichten aber nicht aus. Broks favorisiert für das Sachsentor diese Idee: „Wir brauchen dringend mehr Gastronomie mit Wohlfühlfaktor, um dort die Lebendigkeit zu erhöhen.“