Nettelnburg. Nettelnburg. Viele Häuser standen Himmelfahrt 2018 unter Wasser. Nun soll ein Ingenieurbüro prüfen, wie leistungsfähig das Grabensystem ist.

Dem Wettergott sind sie nicht gram. Doch viele Nettelnburger hadern mit dem Klimawandel, der immer öfter Starkregen mit sich bringt. Allein am berühmten Himmelfahrtstag – 10. Mai 2018 – waren fast 90 Prozent der Häuser betroffen, schätzt Hans-Peter Blohm, Vorsteher des Nettelnburger Wasserverbands: „Wir haben im Gebiet 1200 Grundstücke. Mindestens 200 Häuser haben sogar mittlere bis richtig schwere Schäden bis zu 100.000 Euro erlitten.“

Schäden in neun von zehn Häusern

Besonders die Häuser an der Klaus-Schaumann-Straße und Püttenhorst liegen tief. Auch am Oberen Landweg zeigt die geografische Höhenkarte Stellen auf, wo schnell die Füße nass werden.

Früher wurden im Erdgeschoss der Siedlungshäuser Rüben, Kartoffeln und Kohlen gelagert. Inzwischen gibt es hier schicke Kaminzimmer mit Parkett. Doch wenn nach einem Starkregen die Wärmedämmung aufquillt, greift nur eine Elementarversicherung.

Geld nur von der Elementarversicherung

„Viele hatten Ärger und Schweinkram“, erinnert Blohm die Verbandsmitglieder. Die ließen sich nur wenige Wochen nach Himmelfahrt davon überzeugen, dass ein Ingenieurbüro die Leistungsfähigkeit des Grabensystems untersuchen muss. 30.000 Euro bezahlen sie dafür.

Grundlage sind langjährige Aufzeichnungen des Deutschen Wetterdienstes: Nach dessen Statistik fallen alle 30 Jahre 42 Millimeter Niederschlag pro Quadratmeter – in nur einer Stunde. Bohm: „Himmelfahrt waren es aber 62 bis 70 Millimeter bei uns.“

70 Millimeter Regen in nur einer Stunde

Jetzt wollen die Nettelnburger wissen: Was kommt (statistisch gesehen) alle 30 Jahre vor, was alle zehn Jahre? Blohm: „8000 Euro kommen dazu, wenn auch geprüft wird, was ein zehnjährliches Ereignis für Auswirkungen hätte.“

Bis zur Mitgliederversammlung Ende September, kurz vor dem 30-jährigen Bestehen des Verbandes, sollen Ergebnisse vorliegen – „möglichst mit Begründung und vor allem gerichtsverwertbar“, betont Blohm. Der 70-Jährige verspricht sich Tipps zur Optimierung: Wo ist das Grabenprofil zu eng? Wo gibt es Stau? Wo muss ein dünnes Rohr ausgetauscht werden?

Wo kann optimiert werden?

Nach der jüngsten Grabenschau mussten gut 30 Anlieger gemahnt werden, weil Böschungen nicht gemäht oder die Grabensohle nicht entkrautet war. Aber die Beanstandungen werden weniger: „Die meisten Leute machen das gut und verstehen worum es geht“, lobt der Experte, der früher selbst bei der Wasserbehörde Anlagen genehmigte und Einleitungen prüfte.

Dennoch fand der Ausschuss Schwachstellen im 125 Hektar großen Gebiet: Ein Regeneinlauf am Wehrdeich liegt zehn Zentimeter über der Grabenhöhe. Zudem hat eine Querverbindung eine viel zu hohe Fließgeschwindigkeit: „Da ist enormer Druck drauf, da staut sich was zurück“, mahnt Blohm.

Spielplatz als Überflutungsgebiet

Wenn die Gräben nicht genügend aufnehmen können, sollte der Regen sowieso am besten auf den Grundstücken bleiben: „Im Bremer Stadtpark haben sie extra eine Wiese tiefergelegt. Ähnlich ist es teils bei unserem Spielplatz am Katendeich.“

Eine andere Herausforderung sei die Gewässerunterhaltungsrichtlinie. Sie soll auch die Artenvielfalt fördern.

Chance für Iris und Rohrkolben

Um den Recyclinghof sollen Grabenböschungen nur noch alle zwei Jahre halbseitig gemäht werden – um Rohrkolben, Iris und Ampfer eine Chance zu geben. Blohm: „Das kostet kurioserweise mehr Geld, weil die Maat abtransportiert und kompostiert werden muss.“