lohbrügge. Lohbrügge. Auch 24 Stunden nachdem auf dem Marktplatz ein 26-Jähriger erschossen wurde, ist der Hergang der Bluttat noch weitgehend unklar.
Zwei mal ist Dennis K. aus geringer Entfernung in den Bauch getroffen worden. Der 26-Jährige war sofort tot (wir berichteten). Sein zwei Jahre älterer Bruder Patrick gibt am Tatort auf dem Lohbrügger Marktplatz Interviews, behauptet: "Das war eine Hinrichtung". Doch offizielle Informationen zum Ablauf des tödlichen Streits gibt es auch 24 Stunden nach den Schüssen nicht. Die Polizei hält sich sehr bedeckt. "Zum Motiv und dem Hergang können wir noch nichts sagen", erklärt Polizeisprecher Ulf Wundrack am Freitagabend: "Das ist Gegenstand der andauernden Ermittlungen der Mordkommission."
Übereinstimmend berichten mehrere Medien das, was auch der Reporter der Bergedorfer Zeitung recherchiert hat: Bei dem Streit ging es offenbar um Schulden aus Drogengeschäften. Die Rede ist von 5000 Euro. Doch bestätigen will die Polizei dies derzeit nicht. Und auch der Ablauf der Auseinandersetzung ist noch völlig unklar: Hat der 28-jährige Schütze Salman A. das Opfer Dennis K. und dessen beide Begleiter in einen Hinterhalt gelockt? Oder war es gar umgekehrt? Wollten vielleicht Dennis K. und seine russischen Freunde (41/44) dem kurdischstämmigen Salman A. eine Abreibung erteilen und dieser zog überraschend eine Pistole, um sich gegen das Trio zu wehren?
Die mutmaßliche Tatwaffe brachte der Schütze nach kurzer Flucht selbst zur Polizei, legte sie dort auf den Tresen und stellte sich. Er habe sich dann zur Tat eingelassen, so Polizeisprecher Wundrack. Was er in der Vernehmung sagte, will die Polizei aber nicht öffentlich machen. Die Ermittler beantragten Haftbefehl. Die beiden auf der Flucht vorläufig festgenommenen Russen sind unterdessen wieder auf freiem Fuß. Sie wurden nach der erkennungsdienstlichen Behandlung wieder entlassen.
Auf dem Lohbrügger Markt versammelten sich den ganzen Freitag über immer wieder Angehörige und Freunde des Getöteten, um zu trauern. Sie legten Blumen nieder und stellten Kerzen auf. Zeitweise wurde der Tatort von einem uniformierten Polizisten überwacht, zeitweise begleiteten Seelsorger die Trauernden.
Die Bluttat bei Tageslicht auf dem frequentierten Lohbrügger Markt direkt vor dem "Kiku" Kinderhaus könne das Sicherheitsgefühl der Lohbrügger nachhaltig beeinflussen, befürchtet ein Bergedorfer Polizist. Anwohner geben ihm Recht: "Ich wohne wenige Meter von hier in der Leuschnerstraße", sagt Rentnerin Mareike Behn (72): "Ich laufe ständig über den Marktplatz. Jetzt habe ich aber richtig Angst." Da kann auch wenig beruhigen, dass Dennis K. kein Zufallsopfer war, er und der Täter sich kannten. Beide waren bereits wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz aktenkundig und bei der Polizei bekannt. Harald Kern (53), der Am Beckerkamp wohnt, sieht gerade das mit Sorgen: "Was ist, wenn die andere Seite nun zurückschlägt, auch schießt? Drogenkrieg in Lohbrügge?" Er fordert, wie viele Kommentare in den sozialen Medien auch, ein härteres Vorgehen von Polizei und Justiz selbst bei kleinen Drogendelikten. "Wer keine Drogengewalt will, muss die Szene schon im Keim bekämpfen", meint der studierte Soziologe.
Auch Patrick K., der Bruder des Opfers will keine Eskalation: "Ich werde Kontakt mit der Familie des Täters aufnehmen, damit der Streit nicht eskaliert", sagt er, während seine Hand ein Herz formt: "Ich hoffe, das gelingt mir."