Neuallermöhe. . Neuallermöhe. Die Hälfte der 36 Häuser haben ein Grasdach, alle gut 100 Bewohner nutzen eine Kompost-Toilette.

Ob sie denn keine Angst vor Schlangen hätten, fragte zuletzt ein Afrikaner, der die „Öko-Siedlung“ am Fanny-Lewald-Ring besuchte. Helge Mangold musste lachen, denn in seinem Haus hängt ein Schild mit der Aufschrift: „Traue keinem Ort, an dem kein Unkraut wächst.“ Etwa zwei Jahre sei es her, dass eine internationale Gruppe, die im niederländischen Delft am Institut für Water-Edu­cation studiert, zu Besuch kam. Vereinzelt schauen auch Stadtplanungsstudenten vorbei, die sich mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen. Ansonsten ist es aber eher ruhig geworden um Hamburgs erste Öko-Siedlung.

Klimaschutzpreis vom Bezirksamt

„Immerhin bekamen wir gerade vom Bezirksamt einen Klimaschutzpreis, der ist vielleicht für unser Lebenswerk gemeint“, sagt Ulrike Jancke schmunzelnd. Die Architektin wohnt seit 28 Jahren in einem der 36 Häuser und engagiert sich im Vorstand des Vereins Ökologisches Leben Allermöhe, der 1987 von sechs Pionieren gegründet wurde. Sie hatten ihre 130 Quadratmeter großen Holzständerhäuser mit Grasdächern gebaut, für das gute Raumklima.


So wird „aus Plörre klares Wasser“


Auch die gemeinschaftliche Pflanzenkläranlage für Grauwasser, die in drei Becken „aus Plörre klares Wasser macht“, sei noch auf dem neuesten, technischen Stand, meint die 63-Jährige. Für die Gartenbewässerung reiche das unterirdisch in Zisternen aufgefangene Regenwasser

Fotovoltaik war noch kein Standard

Sind alle Ideen aus der Öko-Siedlung heute noch modern? Na ja, die doppelwandige Isolierung mit Mineralwolle würde man heute wohl nicht mehr verwenden, „aber das war damals einfach günstiger als ,Isoflock’, das gemahlene Zeitungspapier“, erklären die Öko-Fans. Auch Fotovoltaik-Anlagen, die „damals einfach noch nicht Standard waren“, müsste es mehr geben, meist fehlt der Platz. Wenige Familien haben zudem Solarthermie nachgerüstet, leiten heißes Wasser durch einen unbenutzten Kamin zur Heizung.

Und Platz ist auch ein Thema, wenn es um die fehlenden Keller geht: Fast alle haben sich nachträglich einen Schuppen angebaut, um das Nötigste verstauen zu können.

Trotz allem Aufwand schwärmen die Häuslebauer von ihren Kompost-Toiletten, die ab und an mit Sägespänen und Schreddergut versehen werden: „Das ist immer noch eine gute Lösung. Vor allem für Gebiete mit wenig Wasser, also in der Wüste etwa“, meint Ulrike Jancke. Ihre Familie hat sich allerdings nachträglich ein kleines Fenster zum Kompostbehälter eingebaut – es stank eben doch ein bisschen.

Sechs Treppenstufen bis zu den Toiletten


Inzwischen tun sich ganz andere Probleme mit den Klos im „Split-Level“ auf: Gut ein Dutzend der Bewohner ist im Rentenalter und fragt sich, wie lange sie die sechs Stufen zur Toilette noch meistern können. Ein Treppenlift im Zickzack ist kaum machbar. „Zudem haben wir kein Siel, es bleibt also bei den Kompost-Klos“, sagt Informatiker Mangold (58).

Knapp 100 Menschen leben derzeit in der Öko-Siedlung, ein Ehepaar war nach Eppendorf gezogen, drei Familien mit kleinen Kindern sind eher frisch dabei. „Die Häuser gingen weg wie warme Semmeln“, weiß Helge Mangold.

Es fehlen noch Bienenstöcke

Verwunderlich aber, dass das 2006 nachträglich erbaute Gemeinschaftshaus kaum genutzt wird – mal abgesehen von Yoga-Übungen und weihnachtlichem Kekse-Backen. „Dabei könnten wir hier ganze Grundschulklassen unterbringen, die mit ihrem Bio-Lehrer vorbeikommen wollen“, sagt Ulrike Jancke, die noch immer gern für ökologischen Gedanken wirbt – und eine weitere Idee im Blick hat: „Vielleicht könnten wir auf dem Fahrradschuppen Bienenstöcke aufstellen. Wildblumen gibt es hier ja genug.“