Boberg. Boberg. Am Montag beginnt die Umweltbehörde mit den Bodenuntersuchungen. Recherchen zu den Dioxin-Quellen laufen schon.

. Von Montag an geht die Umweltbehörde dem Dioxin-Verdacht am Rand des Naturschutzgebiets Boberger Niederung buchstäblich auf den Grund. In Schutzkleidung werden Altlasten-Experten auf der bereits abgezäunten, vier Hektar großen Fläche unterhalb von Mümmelmannsberg damit beginnen, Bodenproben bis 65 Zentimeter Tiefe zu nehmen und in blauen Sicherheitstonnen zur Untersuchung ins Hygienische Institut zu bringen.

Bodenuntersuchungen dauern acht Wochen

„Durchaus denkbar, dass sich nachgewiesene Dioxin-Spuren nur auf einen kleinen Bereich beschränken“, sagte Umweltbehörden-Sprecher Björn Marzahn gestern. Aber es könne auch sein, dass hochgiftiges, krebserregendes Dioxin hier bis in die 1960er-Jahre als überschüssiger Rohstoff für Weichmacher, Schmieröl oder Pflanzenschutzmittel in Giftfässern abgeworfen oder einfach verklappt wurde. „Wir wissen es nicht, werden das in den kommenden acht Wochen aber auf der in 18 einzelne Arbeitsfelder aufgeteilten Fläche ganz genau ergründen.“

Dioxin von Bahn auf Lkw verladen?

Wie das Seveso-Gift auf die Fläche kam, dazu gibt es verschiedene Theorien. So könnte es laut Marzahn mit Zügen über die hier verlaufende Südstormarnsche Kreisbahn angeliefert, an der jetzt zu untersuchenden Stelle mit wenig Vorsicht auf Lkw umgeladen und zur benachbarten Hamburger Sondermülldeponie Havighorster Moor nahe der heutigen A-1-Anschlussstelle Bergedorf/Billstedt gefahren worden sein. Denkbar auch, dass Fracht hier einfach von der Bahn aus verklappt wurde.

Alte Kiesgrube als mögliches illegales Lager

Einen anderen Verdacht hegt Heiko Meusch, Vorsitzender des Fördervereins Südstormarnsche Kreisbahn: „Nach unseren Unterlagen hat es hier nie eine Umladestation gegeben. Doch zeigen alte Flurkarten eine Sandgrube der Ziegelei Ohlenburg, die vor dem Ersten Weltkrieg stillgelegt wurde. Von der stattlichen Grube, die etwa an der jetzt untersuchten Stelle lag, ist heute nichts mehr zu sehen. Sie muss also mit irgendwas verfüllt worden sein.“

Umladestelle unter Eisenbahnbrücke denkbar

Tatsächlich zeigt eine Karte von 1917 sogar eine Brücke, auf der die Schiene über die Zufahrt zur Grube geführt worden war. Gut möglich also, dass sie Jahrzehnte später zum wenig behutsamen Umladen von Giftfässern auf unter die Waggons gefahrene Lkw genutzt worden ist“ Von einem Lok-Reparaturschuppen samt Umladestation für den Sand und Torf, der mit Loren aus der Boberger Niederung kommend hier auf Eisenbahnwaggons umgeladen wurde, berichtet ein Buch des Kultur- & Geschichtskontors. Doch Meusch widerspricht: „Eine solche Station hat die Kreisbahn hier nie betrieben.“

1983: Bergedorfer Umweltgruppe erstattete Strafanzeige

Den Verdacht, dass an der jetzt untersuchten Stelle „vergessenes“ Dioxin von Skandalbetrieben wie Boehringer liegt, hatte übrigens bereits 1983 die „Chemiegruppe“ Bergedorfer Umweltaktivisten. Sie reichte damals Strafanzeige gegen die Verantwortlichen des Unternehmens ein und machte mit Flugblattaktionen auf mögliche Gefahren aufmerksam. „Doch einen Prozess hat es in dieser Sache nie gegeben“, sagt Rudi Walter, der damals einer der Initiatoren war.