Bergedorf. Bergedorf. In seinem Buch entwirft Christian Dittloff die Vision eines neuen Elternseins: Kinder ja, aber nicht zum Preis der Freiheit.
Das Thema kam zu ihm, so wie es wohl zu vielen Menschen zwischen 30 und 40 Jahren kommt. Plötzlich stand immer öfter diese Frage im Raum: Wie soll es weitergehen in deinem Leben? Was soll jetzt kommen? Zweierbeziehung und Kinder? „Freunde und Familie spiegeln, dass sich etwas ändern müsste“, stellt Christian Dittloff fest. Doch die Entscheidung für Kinder hat ja auch Folgen – für das eigene Leben, den Job, die Individualität. Und was, wenn ein Paar diese Individualität partout nicht preisgeben will?
Das Kinderkriegen einfach ausgelagert
Aus einer Zuspitzung dieser Frage hat der 35-jährige Bergedorfer nun seinen ersten Roman geschrieben: „Das weiße Schloss“ ist im Berlin-Verlag erschienen (22 Euro). Der Erstling, der gleich einen großen Verlag fand, erzählt von einem Paar, das das Kinderkriegen kurzerhand in eine Elite-Einrichtung auslagert.
Drei Jahre alt ist die Idee zu dem Roman; für das Schreiben hat Christian Dittloff noch einmal etwa zwei Jahre gebraucht. „Im Sommer 2017 habe ich mir dafür ein Mini-Sabbatical genommen“, erzählt der Wahlberliner, der dort im Social-Media-Marketing der Komischen Oper arbeitet. Als der Roman zu zwei Dritteln fertig war, bot Dittloff ihn über einen Literaturagenten mehreren Verlagen an – und bekam sofort ein Angebot.
Das selbstbestimmte Leben nicht aufgeben
Christian Dittloffs Hauptakteure, Ada und Yves, empfinden sich in erster Linie als Individuen. Ein Kind wollen sie schon, ihr selbstbestimmtes Leben aber nicht aufgeben. Sie fürchten um die Unvereinbarkeit von Liebe, Karriere und Erziehung. Also melden sie sich in der Elite-Einrichtung „Das weiße Schloss“ an: Hier wird eine Leihmutter ihr Kind zur Welt bringen und es auch aufziehen. Ihre Freiheit bleibt erhalten: „Wir können den ganzen Tag nackt in der Wohnung rumlaufen, ohne aus unseren Kindern elende Hippies zu machen“, lässt Christian Dittloff Ada sagen. Und gemeinsam fällt beiden noch viel mehr ein, was sie alles tun können ohne das Kind. Morgens Crack rauchen. Kein Vorbild sein müssen.
Was ist Familie? Wo endet Freiheit? Christian Dittloff hat sich der vielen Möglichkeiten, die es heute gibt, angenommen und spitzt sie zu. Nicht als Wunschvorstellung, stellt der 35-Jährige – selbst noch kinderlos – klar. Sondern als etwas, das die Zukunft bringen könnte.
Nach Klassikern gestöbert
Das Schreiben, vor allem aber auch das Lesen, war schon früh eine Leidenschaft Dittloffs, der in Nettelnburg aufwuchs und am Luisen-Gymnasium Abi machte. „Ich habe viele Nachmittage in der Sikothek an der Ernst-Mantius-Straße verbracht“, erinnert er sich. Im Antiquariat stöberte er nach Klassikern wie Goethes „Wahlverwandtschaften“. Die Liebe zum Schreiben wurde zum Beruf: Er arbeitete als freier Journalist, studierte in Hamburg Germanistik und Anglistik und in Hildesheim literarisches Schreiben.
Die Gefühlswelt seiner Protagonisten beschreibt Dittloff mit klaren Sätzen, die die Ängste wohl vieler Mittdreißiger beschreiben. „Ich wollte nicht in den Mikrokosmos anderer Eltern verschwinden“, sagt seine Ada. „Zusehen, wie mein Leben sich immer weiter an das Leben meines Kindes schmiegt, angezogen von seiner Wärme. Mein Kind wäre geboren, um mich vorübergehend auszulöschen.“