Boberg. Boberg. Welchen Rucksack kaufen, wie in die Kneipe kommen? „Peers“, die selbst gelähmt sind, helfen neuen Querschnittpatienten.

Nach der Klinik, zurück zu Hause, waren da so ganz einfache Fragen. Zum Beispiel die, „was für einen Rucksack ich mir jetzt kaufen sollte“, berichtet Sven Thomsen. Der 41-Jährige ist am 31. März in Frankreich mit dem Motorrad verunglückt und sitzt seitdem im Rollstuhl. Er hätte nun „15 Taschen kaufen können, bis ich weiß, was ich brauche. Oder ich konnte einfach jemanden fragen“. Jemanden, der sich auskennt, weil er selbst querschnittgelähmt ist. Einen „Peer“.

Klinik ist Partner der Fördergemeinschaft

Solche Berater – selbst Querschnittgelähmte, die ehrenamtlich andere beraten – gibt es nun am BG Klinikum Hamburg-Boberg. Das Krankenhaus mit dem größten Querschnittgelähmtenzentrum Deutschlands (2017: 270 Patienten) ist Partner der federführenden Fördergemeinschaft Querschnittgelähmte. Die FGQ hat bisher sieben „Peers“ für Norddeutschland ausgebildet.

Nachdem es bereits früher Ansätze gegeben hat, dass Betroffene andere Betroffene beraten, ist das Projekt „Peer Counseling“ nun auf professionelle Beine gestellt. Menschen, die selbst bereits einige Jahre im Rollstuhl sitzen, werden von der FGQ einige Monate geschult, ehe sie neuen Patienten wertvolle Tipps rund um Beruf, Mobilität, Wohnen, Ernährung oder Körperpflege geben. Das geschieht individuell, mal zu Hause, mal in der Kneipe, in einer etwa viermonatigen Phase nach dem Klinikaufenthalt.

„Es fehlte eine Schnittstelle“

„Wir haben festgestellt, dass da eine Schnittstelle fehlt“, sagt Dr. Roland Thietje, Chef des Boberger Querschnittgelähmtenzentrums. Zwar gibt es auch in der Klinik Infos, von den Ärzten und unter den Querschnittgelähmten. Doch ist der Patient entlassen, folgen zu Hause oft die großen Probleme. Praktische oder auch psychische. Die „Peers“ sollen helfen.

Von Betroffenen lässt sich viel besser lernen, sagt Ergotherapeutin und „Peer“ Anne Patzwald: Wenn etwa jemand etwas nicht könne und sie sagt: „Ich habe das, was du hast, ich mache es vor – Du wirst es können“, dann habe das gleich ein anderes Gewicht. Andere „Peers“ sehen sich auch als Kumpel, geben mal einen Tipp, wie man trotz fehlenden Behindertenzugangs in eine Bar kommen könne oder wie es mit der Sexualität klappt.

Doch nicht jeder will sofort Hilfe, wissen die Berater: „Manche haben noch Hoffnung auf Heilung“, sagt ein „Peer“. An die sei nicht sofort heranzukommen.