Bergedorf. Werte erleben Doku und Workshops gegen Ausgrenzung
Fabienne hat sich schon mit 15 klar entschieden: „Ich möchte lieber ein Mädchen sein.“ Yannick hingegen ist sich nicht immer sicher: „Meistens bin ich lieber Mann, an manchen Tagen fühle ich mich eher als Frau“, so der 26-Jährige. Und damit wäre eigentlich auch schon alles gesagt – wenn es die Leute denn verstehen würden. Also: Transsexuell ist, wer sich umentschieden, eine andere Identität angenommen hat. „Genderfluid“ indes ist der Begriff für die wechselhaften Geister.
Um darüber zu informieren, um aufzuklären und zu Toleranz aufzurufen, haben die beiden einen Dokumentationsfilm gedreht, der bald auch öffentlich im KulturForum am Serrahn gezeigt werden soll. Da erklärt etwa eine Psychologin, warum Andersartige oft diskriminiert werden: aus Angst.
„Die Ausgrenzung passiert oft im Alltag“, berichtet Yannick Reimers. Als er einmal vor einem Bergedorfer Supermarkt seinen Freund küsste, rauschte ein Auto heran, wurde er aus dem Fenster heraus bespuckt. „Das waren normale Klischee-Assis, aber ich lasse mir das nicht bieten, habe mit einer Sahne nach dem Wagen geworfen.“
Für den 30-minütigen Film kam im Bergedorfer Schlosspark auch ein Interview mit Vera zustande, neben ihr: „Papa Christina“. Er hat erst sehr spät erkannt, dass er anders aussehen möchte, da waren die Gesichtszüge schon maskulin ausgeprägt. „Ich kann allen nur raten, sich möglichst früh zu outen. Dann quält sich auch die versteckte Seele nicht so lange“, sagt Fabienne (24), die von ihrer Mutter zu psychologischen Untersuchungen und schließlich auch zur Operation begleitet wurde. Beide Brüder und der Vater hätten indes ein bisschen mehr Zeit gebraucht, um die Wandlung zu akzeptieren.
Es gibt viele Möglichkeiten zu leben. „Lebe soviel du kannst. Das erkläre ich auch an der Talent-Schule. In dem Privat-Gymnasium an der Saarlandstraße unterrichte ich vier Klassen“, sagt Schauspieler Yannick Reimers, der sein Projekt – dank finanzieller Unterstützung durch Michael Otto – erweitert: Auch Bergedorfer Schulen können sich beim Verein „Werte erleben“ für einen Workshop bewerben, bei dem ein Theaterstück entsteht, eine Lesung oder eine Ausstellung zum Thema Ausgrenzung. „Die Abschlussveranstaltung wird immer von einem Politiker moderiert. Metin Hakverdi, Manuel Sarrazin, Dennis Gladiator und Steffi von Berg haben zugesagt“, freut sich Reimers, der auf seiner „Tour für mehr Miteinander“ gegen Vorurteile kämpft und für eine „psychologisch freie Gesellschaft“.