Lohbrügge. Holzhandel Lohbrügger Experten haben bereits 3000 Produkte untersucht
Wer hätte gedacht, dass ein einzelnes kleines Eis-Schirmchen so viel Arbeit machen kann? Der Holzpiekser, das Papierschirmchen, der kleine Nupsi zum Aufspannen – alles einzelne Teile aus Holz oder aus Papierfasern. Und jedes einzelne Teilchen muss unterm Mikroskop untersucht werden: Stimmt die in den Papieren angegebene Holzart? Und wenn nicht – handelt es sich etwa um illegal eingeführtes Holz oder sogar eine geschützte Tropenholzart?
Genau das soll mit der EU-Holzhandelsverordnung verhindert werden, die genau vor fünf Jahren in Kraft trat. Sie hat seitdem den Experten des Thünen-Instituts für Holzforschung in Lohbrügge reichlich Arbeit beschert: Denn in dem Holzhandelssicherungsgesetz, mit dem Deutschland die EU-Verordnung umsetzt, sind die Lohbrügger als Partner angegeben. Eigens wurde hierfür sogar vor fünf Jahren das Kompetenzzentrum Holzherkünfte gegründet. Und nun landen hier an der Leuschnerstraße Aufträge aus ganz Deutschland und oft auch aus europäischen Nachbarländern.
Etwa 3000 Prüfaufträge haben die Lohbrügger in fünf Jahren bearbeitet, und da je Produkt stets mehrere Holzspäne untersucht werden, „sind das etwa 35 000 Einzelproben“, erläutert Dr. Gerald Koch. Er ist Leiter des Arbeitsbereiches Qualität von Holz und Holzprodukten am Thünen-Institut und Kurator der dortigen weltweit einmaligen wissenschaftlichen Sammlung von Holzarten.
In Lohbrügge landet, was nach Deutschland eingeführt wurde und dem Holzhandelssicherungsgesetz unterliegt – Gartenmöbel, Bilderrahmen, Musikinstrumente, auch Kisten, Brennholz, Kartons und einiges mehr. Die Proben werden von Kontrollbehörden eingesandt oder den Händlern selbst: Ladenketten wie etwa Discounter, die sich absichern wollen. „Das hat für die auch etwas mit dem Image zu tun“, sagt Gerald Koch: Kein Konzern möchte sich später nachsagen lassen, er hätte mit falsch deklariertem, streng geschütztem Holz gehandelt.
Auch Papier und Faserplatten können in Lohbrügge getestet werden – eigentlich schwierig, da das Holz für die Papierproduktion wie in einer Suppe zerrieben und vermischt wird. Doch die Experten können die verbliebenen Strukturmerkmale bestimmen. Es bleibt aber eine echte Detektivarbeit, die je Probe „etwa eine Woche dauert“, so Biologin Dr. Andrea Olbrich. Bei normalem Holz werden die Proben binnen ein oder zwei Tagen bearbeitet und getestet.
Die Schnelligkeit ist notwendig, „denn die Anzahl der Prüfaufträge ist zwischen 2016 und 2017 nochmal deutlich gestiegen“, so Koch. 2017 landeten 1023 Prüfaufträge auf den Schreibtischen der zwölf Mitarbeiter – gestartet war man 2013 mit 356 Aufträgen.
Und ein Ende ist nicht in Sicht: Denn auch wenn inzwischen manch ein Discounter wegen des Aufwands lieber Metall-Gartenmöbel verkauft, so bleibt Holzimport doch ein großes Geschäft. Holz findet sich in vielen Produkten – eben selbst im Eisbecher, in dem das Eisschirmchen steckt.
Zunehmend gibt es auch Forderungen von Umweltorganisationen, manche Produkte, die dem Holzhandelssicherungsgesetz bisher nicht unterliegen, nachzutragen. Beispielsweise Holzkohle, in der die Lohbrügger 2016 verarbeitetes Tropenholz nachweisen konnten – was bundesweit für Aufsehen sorgte.
Dabei sind Funde geschützter Tropenhölzer in anderen Produkten inzwischen selten. Zwar sind die Einfuhrpapiere wegen der komplizierten Verfahren nicht immer ganz korrekt, „aber der Anteil der Falschdeklarationen geht massiv zurück“, sagt Koch. Die Holzhandelsverordnung sei deshalb ein Erfolg. „Viele Händler sind inzwischen sehr auf der Hut“, hat auch Andrea Olbrich festgestellt.
Fünf Jahre nach Beginn der Verordnung und zugleich fünf Jahre nach der Gründung des Kompetenzzentrums Holzherkünfte soll nun eine Bilanz gezogen werden: Für Oktober ist in Lohbrügge eine große internationale Tagung geplant. Wissenschaftler wie auch Vertreter der Kontrollbehörden werden erwartet.