Bergedorf. Sowjetisches Ehrenmal Schüler arbeiten Geschichte auf – Helfer willkommen
. Die Stimmung zwischen Russland und Europa ist wieder eisig geworden. Es droht ein neuer Kalter Krieg, Vielleicht auch deshalb, weil kaum noch jemand weiß, welches Grauen ein echter Krieg bedeutet.
Dabei liegt die Erinnerung auch in Bergedorf sehr nah – und wird ab Sonnabend von Schülern und anderen Interessierten mit einer Reinigungsaktion samt anschließender Aufarbeitung wieder sichtbar gemacht: Auf Bergedorfs Friedhof liegen rund um das sowjetische Ehrenmal mindestens 650 Soldaten der Roten Armee begraben.
Viele von ihnen waren kaum 20 Jahre alt, als sie beim Russland-Feldzug der Wehrmacht in Gefangenschaft gerieten und den harten Winter 1941/42 in Bergedorf nicht überlebten. Untergebracht im besonderen Teil des KZ Neuengamme, wurden sie noch schlechter behandelt als die übrigen Häftlinge. Sie starben an Unterernährung, Krankheiten, zu harter Zwangsarbeit oder sind einfach erfroren.
Die vielen Toten – nur etwa 300 der Rotarmisten überlebten den ersten Winter im KZ – wurden außerhalb des Bergedorfer Friedhofs auf Börnsener Gelände verscharrt. Sie sollten weit weg von Deutschen und anderen Toten liegen. Kurz nach Kriegsende wurde der Ort dann aber doch als Ehrenfriedhof gestaltet, mit mächtigem Holzkreuz und Grabsteinen mit Namen und Daten für jeden hier liegenden Soldaten. Als Bergedorfs Friedhof später erweitert wurde, integrierte man dieses Gräberfeld, sodass sie heute ein Teil des Areals sind – zu finden auf dem Weg zur Kapelle II, 200 Meter nach der Einfahrt auf den Friedhof etwas versteckt auf der rechten Seite.
„Es handelt sich um den mit Abstand größten Ehrenfriedhof in Hamburg, fast doppelt so groß wie der in Ohlsdorf. Und es ist einer der ganz wenigen in Deutschland, der sogar Grabsteine mit den Namen der Toten hat“, sagt Christian Römmer vom Kultur- & Geschichtskontor. Zusammen mit dem Jugendarbeitskreis im Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, der Stadteilschule Bergedorf (GSB) und dem Charlotte-Paulsen-Gymnasium aus Wandsbek will er die sehr in die Jahre gekomme Anlage aufarbeiten und ihre Geschichte ergründen.
Dazu gehört außer der großen Säuberungsaktion am Sonnabend, 24. März, (ab 9.30 Uhr; alle Helfer willkommen, keine Anmeldung erforderlich) ein mehrmonatiges Projekt, das die Teilnehmer in diverse Archive führt und Interviews mit Zeitzeugen sowie Bergedorfer Firmen umfasst, die Zwangsarbeiter beschäftigt haben. Die Ergebnisse werden in einem Info-Flyer zusammengefasst, der zum Volkstrauertag präsentiert wird.
Zudem ist eine Broschüre geplant, die das große Geheimnis des Ehrenfriedhofs lösen soll: Unterlagen von SS und Wehrmacht belegen, dass nicht nur die exakt 652 namentlich Genannten hier liegen, sondern weitere 100 Menschen. Es gibt das Gerücht, dass der Hügel, auf dem das Holzkreuz steht, ein vergessenes Massengrab ist.