Neuallermöhe. Bürgerpreis-Kandidat Henry Akanno (47) aus Nigeria ist Triebfeder der Integration in Bergedorf
Er hat einfach dieses unwiderstehliche Lächeln. Und eine Riesenportion Optimismus, mit der er die Menschen ansteckt – und zum Lächeln bringt. Aber deswegen allein wurde Henry Akanno nicht für den Bergedorfer Bürgerpreis vorgeschlagen, den die Bergedorfer Zeitung gemeinsam mit der Volksbank Bergedorf/Stormarn ausrichtet: Engagierte Ehrenamtliche werden ausgezeichnet, die sich in besonderer Weise für die Menschen in unserer Region einsetzen.
Da ist „Miteinander in Bergedorf“ genau passend. So heißt der Verein, den Henry Akanno 2014 gründete, um Neu-Bürgern zu helfen – etwa bei der Wohnungssuche, bei Behördengängen oder in normalen Alltagsfragen: Wie eröffne ich ein Konto? Wie kann ich mich versichern? Wie funktionieren die öffentlichen Verkehrsmittel?
An solche Hürden kann sich der 47-Jährige noch gut erinnern: Er wuchs als jüngstes von sechs Geschwistern in Nigeria auf und kam 1991 mit einem Studien-Visa nach Deutschland. Am Anfang hatte er noch Probleme mit der Sprache, keine Freunde, kein Geld: „Das war schwer.“
Weil sein Abitur hier aber nicht anerkannt wurde, jobbte er zunächst in Druckereien, als Putzmann und Übersetzer, dann bei einem Car-Sharer. Seit 2014 ist Henry, der mit Frau und drei Söhnen (11, 10 und 8 Jahre) in Neuallermöhe wohnt, Busfahrer bei der Hamburger Hochbahn (HHA) – und ist neugierig geblieben: „Eigentlich wollte ich Internationale Beziehungen und Politik im Fernstudium belegen, aber das schaffe ich mit dem Schichtdienst leider nicht.“
Henry Akanno ist ein umtriebiger Mann, der sich als „Brückenbauer zwischen den Nationen“ versteht. Nicht nur, dass er mit seinem Verein zu interkulturellen Filmabenden mit bis zu 400 Gästen ins Forum am Walter-Rothenburg-Weg einlädt (zuletzt gezeigt: die „Kebab Connection“ und „Taxi Teheran“). Dazu wird stets ein Büfett aus der Landesküche geboten.
Auch ernsthafte Themen stehen im Fokus, so etwa im Mai 2014, als das 100-jährige Bestehen Nigerias gefeiert wurde – samt Vorträgen über die Entwicklung des Landes. Unvergessen: Der blutige Biafra-Krieg und Gräueltaten der islamistischen Terrorgruppe „Boko Haram“, die Menschen massakriert und im Norden des Landes mehr als 200 Schulmädchen entführte. Für Referate gewann Akanno den Vorsitzenden der Nigerian Community Germany (NGG) und einen Vertreter der afrikanischen Entwicklungsbank.
„Ich war der erste“, freut sich Akanno, wenn es um Bergedorfs erste Willkommensfeier für Flüchtlinge geht: Am 25. Dezember 2014 erwartete er 100 Menschen in der „FesteBurg“ – es kamen fast 600. Inzwischen gab es zudem einen „Volleyball-Nachmittag“ und interkulturelle Modenschauen, bei denen auch Inder, Pakistani, Afghanen und Türken ihre Heimattrachten präsentieren.
Im Herbst 2015 wurde der Busfahrer in den Landes-Integrationsbeirat gewählt. Er sieht sich als Repräsentant aller 55 Länder seines Kontinents: „Wir unterstützen den Senat mit Ideen zur Integration etwa in den Arbeitsmarkt, ins Schulwesen oder zur Wohnungsuche. Aufgrund von Vorurteilen bekommen selbst studierte Afrikaner nur selten eine gute Wohnung.“
Zuletzt musste er selbst eine Absage einstecken, als er eine Kulturveranstaltung im „Hühnerposten“ am Hauptbahnhof planen wollte: „Als die meinen Nachnamen hörten, waren die Räume plötzlich angeblich schon vergeben. Das habe ich dann der Antidiskriminierungsstelle gemeldet“, sagt der 47-Jährige – und fügt pragmatisch hinzu: „Da braucht es ein Gespräch, dann läuft das Ding.“
Immerhin 20 000 Afrikaner, so schätzt Akanno, leben in Hamburg. Ihnen allen will er eine gute Ausbildung ans Herz legen, „um später nicht als armer Mensch in Rente gehen zu müssen“. Selbst eine Reinigungsfrau könne sich qualifizieren: „Jede Hilfskraft kann Fachkraft werden.“ Apropos Rente: „Bei der nächsten Wahl wollen wir es schaffen, dass auch ein Afrikaner im Hamburger Seniorenbeirat sitzt.“
Seine Heimat sei längst der Bezirk Bergedorf geworden, sagt der Neuallermöher, der im Mai 2016 in den hiesigen Integrationsrat gerufen wurde. Der tagt viermal jährlich. Außerdem beteiligt sich Henry Akanno ehrenamtlich an den Bergedorf-Rundgängen für Neuankömmlinge und organisierte 2017 eine Busreise für 45 Flüchtlinge nach Berlin.