Bergedorf. Bergedorf. Seit 20 Jahren hilft die Kirchengemeinde St. Petri und Pauli Bedürftigen. Feier am Wochenende.
Genüsslich löffeln sie im Keller des Gemeindehauses: „Das Chili con carne ist gut gewürzt, eigentlich schmeckt es immer toll hier“, meint Harald Werner. Der 57-jährige Lohbrügger sitzt gegenüber von Ute, einer arbeitslosen Bergedorferin: „Super, dass es sowas überhaupt gibt. Ich komme schon seit drei Jahren hierher“, schwärmt sie. Das sind genau die lobenden Worte, die Christel Meyer früh aufstehen lassen: Seit 7.15 Uhr hat sie Paprika, Sellerie, Porree und Wurzeln geschnippelt, Maispoularde und Putenbrust (wegen der Muslime nie Schweinefleisch). Jetzt ist der große Topf fast randvoll: 40 Liter für gut 100 Hungrige.
Bedüfftige sind jeden Dienstag und Donnerstag willkommen
Immer dienstags und donnerstags reihen sich Geduldige in die Schlange an der Bergedorfer Schlossstraße, zeigen ihren Ausweis, der Bedürftigkeit dokumentiert, samt Passfoto. Manche treffen sich schon weit vor 12 Uhr und hocken klönend auf ihren Rollatoren. „Viele ältere Frauen sind dabei, etwa 30 Prozent Flüchtlinge und zunehmend psychisch Kranke“, sagt Ulrike Eckert-Riecke. Alleinerziehende schickt sie lieber freundlich nach Hause: „Die können Lebensmittel haben, sollen aber selbst für ihre Kinder kochen.“
Gründung am 11. November 1997 – weil immer mehr Bedürftige an der Pastoratstür klingelten
Diesem Prinzip ist die Kirchengemeinde St. Petri und Pauli seit nunmehr 20 Jahren treu: Genau am 11. November 1997 wurde der „Bergedorfer Suppentopf“ eröffnet. „Damals war ich noch im Diakonie-Ausschuss und Pastorin Christiane Zink erzählte, dass es so oft an ihrer Pastoratstür klingelt, die Leute Hilfe brauchen“, erinnert Ulrike Eckert-Riecke. Das war zu der Zeit, als die Trinkerszene am S-Bahnhof „noch erheblich groß“ war, also wurde die Suppe zunächst da ausgegeben.
Suppentopf ist auch Ursprung der Bergedorfer Tafel
Nur ein halbes Jahr später wurde auch die „Bergedorfer Tafel“ gegründet. Bis heute arbeiten die Ehrenamtlichen Hand in Hand, kennen alle ihre Stammgäste. „Manche würden am liebsten ihre ganze Lebensgeschichte erzählen. Andere melden sich sogar bei uns ab, wenn sie für drei Wochen ins Krankenhaus müssen“, sagt Doris Meinßen, die mit Inge Weinzierl die Gruppen mit gut 20 Helfern anleitet. „Wie im Restaurant“ mögen sich die Suppen-Löffler als Gäste fühlen, dürfen Kuchen auswählen, Kaffee trinken – und am Schluss ihre Taschen mit Lebensmitteln der Tafel füllen.
Ein paar Lebensmittel gratis, damit anderswo das Geld reicht
„Denen haben wir viel zu verdanken hier. Mir wurde zuletzt der Strom erhöht. Und Kontoauszüge kosten jetzt auch Geld“, klagt France Robert Griebel (68) aus Bergedorf-West. Durch die Essensspenden könne er halt ein bisschen sparen, sich davon Heilsalbe und andere Medizin kaufen, so der ehemalige Feuerwehrmann.
Bedürftig trotz lebenslanger Arbeit
„Meine Rente reicht nicht, die Miete frisst ja schon alles auf“, erzählt Inge Jope. Dabei sei sie sogar Chef-Sekretärin im Lohbrügger Reha-Team gewesen, immer fleißig, sagt die 71-Jährige, die vor drei Jahren einen Hirnschlag erlitt.
Mit einem Schlaganfall hatte Natalia Hirschfeld zu kämpfen – und mit ihrer Scham: „Es ist ungerecht und erniedrigend. Schließlich habe ich hier 23 Jahre lang als Köchin und Putzfrau in einem Kindergarten gearbeitet“, berichtet die 66-jährige Deutsch-Russin.
Jährlicher Finanzbedarf des Suppentopfes liegt bei 10.500 Euro
Putzdienste müssen auch die Leute vom „Suppentopf“ berechnen, sagt Koordinatorin Ulrike Eckert-Riecke: „Wir brauchen 10.500 Euro im Jahr. Die Hälfte kostet die Suppe, die andere Hälfte brauchen wir für kleinere Dinge und den Putzdienst.“ Sie ist stolz darauf, dass alles bereits seit 20 Jahren funktioniert – und bedankt sich am Sonntag nach dem Gottesdienst bei allen Helfern und Spendern mit einem Empfang im Petri-Saal. Und der Schlusssatz darf nicht fehlen: „Wir können noch verlässliche Leute gebrauchen.“ Interessenten melden sich gern im Kirchenbüro.