Lohbrügge. Musiker-Karriere Die vielen Talente des Claus Hofrichter: Studiobesitzer, Produzent – und abends Gitarrist bei Udo Lindenberg
. Manches Schlüsselerlebnis erscheint recht kurios. So wie das von Claus Hofrichter: Vor 45 Jahren saß der kleine Claus auf dem riesigen Staubsauger seiner Mutter, als sie sauber machte. Das Kind versuchte dabei, mit seiner Stimme genau den Brummton des Saugers zu treffen – und schaffte es: „Ich werde nie vergessen, welche Resonanzen, Schwingungen und welches Kribbeln durch meinen Körper flossen. Das hat etwas mit mir gemacht“, sagt Claus Hofrichter.
Die Faszination, die Suche nach dem richtigen Ton ist seit damals geblieben. Jedes Mal, wenn Hofrichter eine Seite zupft, spürt er es. Am und im gesamten Körper. Das Tolle dabei: Der 50-Jährige verdient mit dieser Faszination sein Geld und ist dick drin im Musikgeschäft.
Das ist nicht nur jenem „Staubsauger-Ritt“ zu verdanken, sondern auch sehr viel Passion, Fleiß und Können. Angefangen hat es mit dem Nacheifern des acht Jahre älteren Bruders Wilfried, selbst Gitarrist in einer Band. „Das hat mir den nächsten Kick gegeben“, sagt Claus Hofrichter heute, der im Bandgefüge zunächst nur Bongos oder Akustikgitarre bedienen durfte.
Richtig ernsthaft wurde sein Streben dann 1989. Für ein Jahr ging’s nach Hollywood, an das damalige „G.I.T.“, das „Guitar Institute of Technology“, das 1977 gegründet wurde und mittlerweile als „Musicians Institute“ firmiert – eine Ausbildungsakademie in den USA, an der Talente auf die Anforderungen des Musikgeschäfts vorbereitet werden. Gemeinsam mit rund 800 anderen Gitarristen verbesserte der damals 23-Jährige sein Spiel und entdeckte insbesondere den Jazz-Rock für sich.
Und die Karriere des Wahl-Lohbrüggers läuft jetzt. Nach vielen Jahren des musikalischen Klinkenputzens: selbst Gitarren-Unterricht geben, bei Hochzeiten spielen und die eigene Band namens „Brillant Trees“ kultivieren. Es lohnte sich: Seit 2001 ist Hofrichter viel gefragt in der Hamburger Musical-Szene. Zunächst mit „Mama mia“, es folgten „Sister Act“, „Ich war noch niemals in New York“ sowie „Rocky“. „Das waren jeweils zeitlich begrenzte Engagements, aber ich war gleich ,Principal Guitarist’, also befristet angestellt“, beschreibt Hofrichter die Zeit bis zum Jahr 2015. Dann wurde er kurzzeitig arbeitslos – bis sich ein Orchesterchef 2016 an Hofrichter erinnerte: Seit vergangenem Jahr gehört der Lohbrügger zur achtköpfigen Stammbesetzung von „Hinter dem Horizont“, der bühnenaufbereiteten Lebensgeschichte von Udo Lindenberg, erhielt sogar einen Festvertrag und spielt sechs Shows pro Woche. „Das war für mich super, weil es keine Selbstverständlichkeit ist“, freut sich der 50-Jährige. Mittlerweile hat der zweifache Familienvater mehrere Standbeine und Projekte. Dabei engagiert er sich nicht nur in der lokalen Kulturszene („White Cube“).
Produzent, Toningenieur, Studiobesitzer – so darf sich Hofrichter auch nennen. Denn weiteres Geld wird im eigenen „Wellsound Studio“ verdient. Im Jahre 2004 erfüllte sich Hofrichter diesen Musiker-Traum, baute an sein Einfamilienhaus am Richard-Linde-Weg Studio und Aufnahmeraum auf rund 38 Quadratmetern an – gleich mit Durchgang zum Garten.
„Mehr Geld für Kultur“
Hier wird der richtige Ton garantiert getroffen: mit vielen Gitarren, Tasteninstrumenten, in der Aufnahmekammer einem Schlagzeug, diversen Mikrofonen plus digitaler Mix-Technik. Bei „Wellsound“ wurden zwölf CDs aufgenommen und gemixt: zum Beispiel einer von Hofrichters Lieblingssongs von Judith Tellado, „But for now“. Oder die Frank-Zappa-Adaption „Strictly Gravy“ von Lex Bronkowitz. Vielseitig ist der Studioinhaber auch: Aktuell wird gerade am Hörspiel „Und wir sind anders“ vom Puppenspielerduo „Hille Pupille“ gewerkelt.
„Es beginnt alles mit guter Akustik“, weiß Hofrichter, „und mit einem guten Mikrofon.“ Für die perfekte Wiedergabe besitzt er dieses Schmankerl: analoge Mikrofone und Verstärker aus den 1960er-Jahren: „Das hatte damals den Wert eines VW Käfer.“
Was wünscht sich einer, der immer auf der Suche nach dem richtigen Ton ist? „Es ist ganz banal: Allgemein müsste mehr in die Kultur investiert werden, damit auch die kleinen lokalen Künstler profitieren.“ Perfekt getroffen.