Bergedorf. Bergedorf. Nach schwierigen Anfängen ist das Fahrradparkhaus am Bergedorfer Bahnhof heute zu 80 Prozent ausgelastet. Auch die Werkstatt boomt.
Eigentlich war die Kundin im Stress. „Sehen Sie das Rad mal eben an“, forderte sie Andreas Pehlgrim auf. Doch es gehört nicht zur Geschäftsstrategie der Radstation Bergedorf, Kunden wie am Fließband abzufertigen. „Wir nehmen uns Zeit, bei uns wird nichts auf Schmierzettel gekrickelt“, sagt der Zweiradmechatroniker. Alle Kundendaten werden im Beisein des Kunden am PC-Bildschirm eingepflegt.
Vier-Säulen-Modell funktioniert
So machen sie es ordentlich und erfolgreich im Rad-Parkhaus am Bahnhof. Am 25. April feiern Pehlgrim und sein Team fünften Geburtstag. Mittlerweile, wenn auch langsamer als erwartet, funktioniert das vom ADFC lizenzierte Vier-Säulen-Modell in Bergedorf.
Auslastung steigt stetig
Wichtigster Faktor bleibt das Parkhaus: Bei den 500 Fahrrad-Stellplätzen liegt die Auslastung aktuell bei 80 Prozent: 2014 und 2015 gab es bei der Steigerungsrate laut Pehlgrim „eine kleine Delle“. Nachdem es im Vorjahr schon kräftig anzog, liegt die Auslastung nun bei 80 Prozent. „Wir nähern uns der 400-Verträge-Marke. Wenn die 500 Plätze voll sind, gibt es eine Warteliste“, sagt der Boberger, der seit 32 Jahren in der Fahrradbranche tätig ist.
Säule Nummer zwei ist die Werkstatt – und die brummt. Indikator dafür: Pehlgrim musste, um das Arbeitsaufkommen zu bewältigen, zum 1. März einen neuen Gesellen einstellen. Vier Vollzeit- und eine Halbtagskraft arbeiten nun im Bahnhof.
Das Bille-Rad gibt es nicht mehr
Weitere Säulen sind der Fahrradverleih und der Einzelteilverkauf im Shop bei Marita Fries. Verliehen werden insgesamt 25 Tourenräder und zehn E-Bikes. Eingestellt wurde hingegen der Verkauf des Bille-Rads. Aus pragmatischen Gründen: „Zum Verkauf fehlt mir einfach die Fläche“, sagt der 57-Jährige.
Im Shop wird übrigens auch der Eingangschip für das Parkhaus ausgeteilt: Nur für registrierte Kunden ist das Parkhaus 24 Stunden offen. „Zudem“, berichtet Pehlgrim, „informieren wir über die Umgebung, haben Radwegekarten für Touristen vorrätig.“
Bergedorfer „fahren lieber Auto"
Der Erfolg der Bergedorfer Radstation, die von der Awo betrieben wird, ist für Andreas Pehlgrim nicht selbstverständlich: „Das Parkhaus ist eine wirtschaftliche Herausforderung ohne Zuschüsse, und wir sind stolz, eine schwarze Null zu erreichen.“ Pehlgrim leitet seit Dezember 2015 eine weitere Radstation in Norderstedt, zieht Vergleiche: „Bergedorf ist eher eine fahrradfeindliche Stadt. Die Politik möchte gern, dass mehr Rad gefahren wird, aber offenbar fahren die Leute hier lieber Auto.“
100-Punkte-Check
Doch der gehobene Service-Charakter bleibt an beiden Standorten erhalten. Wer in die offene Reparaturannahme kommt, dessen Gefährt wird in 100 Punkten durchgecheckt. Die verdutzte Kundin von neulich befand, sie fühle sich „wie in einer Autowerkstatt“. Pehlgrim dazu: „Was wohl als Kritik gemeint war, ist für mich das größte Lob.“