Bergedorf. Dr. Marius Kohler 43-Jähriger leitet Vertretung in Brüssel
. Verbraucherfreundliche Gesetzgebung ohne Stolperfallen im Kleingedruckten – das sieht Bergedorfs Notar Dr. Marius Kohler als seine Aufgabe. Und die setzt er ab sofort auf höchster europäischer Ebene um: Der 43-Jährige ist für 2017 zum Vize- und damit für 2018 zu Präsidenten der Notare Europas gewählt worden, zum Chef des „Council of the Notariats of the European Union“ in Brüssel.
Das Büro am Place Schuman, gleich gegenüber vom Präsidenten der Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker, dient dabei als Stützpunkt der Lobby-Arbeit für die 22 Notarkammern der EU-Mitgliedsländer plus die der Türkei. Von hier aus beraten Kohler und sechs Mitarbeiter die EU-Gremien bei ihrer Gesetzgebung. Dabei passt der landläufig eher negativ belastete Begriff des Lobbyisten als Strippenzieher für die finanziellen Vorteile der eigenen Berufsgruppe so gar nicht auf den Bergedorfer Notar: „Das Gebührenrecht ist ohnehin nationales Thema“, sagt Kohler. „In Brüssel geht es mir darum, auf die handwerkliche Qualität der EU-Gesetzgebung einzuwirken, vor allem auf ihre Praktikabilität und Bürgernähe zu achten. Immerhin ist sie in vielen Fällen auch Vorlage für deutsches Recht.“
Dass hier in Brüssel schon manches in den Brunnen gefallen ist, erläutert Marius Kohler am Beispiel der Wohnkreditrichtlinien: „Brüssel bleibt zwar einerseits dabei, dass Bürger diese Kredite grundsätzlich über Banken bekommen. Aber denen werden aus Angst vor einer erneuten Finanzkrise wie 2008 immer absurdere Vorgaben für die Bonitätsprüfung gemacht. Unter anderem muss grundsätzlich zu Lebzeiten zurückgezahlt werden, weshalb Senioren so gut wie keine Chance auf größere Kredit haben. Und auch alle anderen Interessenten haben immer mehr Probleme, weil der geforderte Eigenkapital-Anteil schon heute bei 30 Prozent liegt und weiter wachsen soll. Das ist realitätsfern und muss korrigiert werden.“
Trotz des neuen Amtes in Brüssel bleibt Kohler seinem Bergedorfer Notariat treu, in das er vor sechs Jahre als Partner von Hans-Jürgen Grünhage (63) einstieg. Seine Arbeit in Brüssel will er „auf einen Tag vor Ort und einige Stunden in Bergedorf“ begrenzen. Zudem wird die Kanzlei während seines zweijährigen Engagements bei der EU von Notar-Assessor Dr. Morten Mittelstädt verstärkt.
Dass der Bergedorfer in Brüssel Verantwortung übernimmt, ist für ihn selbstverständlich: „So ein Amt lehnt man nicht ab“, sagt der Jurist, der bereits 2007 bis 2010 Leiter der Vertretung der Bundesnotarkammer in Brüssel Erfahrungen sammelte. „Aber ich habe meiner Frau und unseren beiden Jungs habe ich versprechen müssen, dass das Familienleben in Bergedorf darunter nicht zu sehr leidet.“