ergedorf. Interview Körber-Stiftung sieht keine Alternativen zu Kooperation mit Bezirk und Umzug in die City

B Art und Umfang des Protestes gegen die geplante Aufgabe des Haus im Park gehen an den Beteiligten nicht spurlos vorüber. Was die Körber-Stiftung als klares Bekenntnis zu Bergedorf und der Arbeit im Bezirk gewertet sehen will, ruft bei Gegnern Widerspruch hervor. Und hat eine Liste mit 3000 Unterschriften gefüllt, die den Erhalt des Haus im Park fordern. Susanne Kutz, Geschäftsführerin des Begegnungszentrums, und Martin Meister, Leiter Kommunikation und Programmplanung in der Stiftung, haben sich den Fragen der bz-Redakteure Anne Strickstrock und André Herbst gestellt. Danach ist klar: Ein Abweichen von den Plänen, den Standort im Villengebiet aufzugeben und in ein neues, vom Bezirk geplantes Gebäude im Herzen Bergedorfs umzuziehen, soll es nicht geben.

Frau Kutz, Herr Meister, hat Sie die Breite des Protestes in Bergedorf überrascht? Oder haben Sie mit einem solchen Echo gerechnet?

Susanne Kutz: Wir haben zwar mit Reaktionen gerechnet, aber nicht in der Form. Dass wir soviel Kritik und Misstrauen erfahren, obwohl die Stiftung sich seit 40 Jahren in Bergedorf engagiert, verwundert uns.

Martin Meister: Wir wollen uns weiter engagieren. Für Bergedorf, für diesen Bezirk. Wir planen ein neues großes Haus und ziehen mit dem ganzen Programm aus dem HiP dorthin um.

Viele bisherige Nutzer sehen im geplanten HiP-Abriss aber einen weiteren Schritt auf dem Weg, dass sich die Körber-Stiftung ganz aus Bergedorf zurückzieht.

Meister: Ich kann diesen Nutzern nur sagen: Die Stiftung zieht sich nicht aus Bergedorf zurück und hat das zu keinem Zeitpunkt vorgehabt. Unser Programmangebot in Bergedorf ist immer umfangreicher geworden. Die Stiftung ist hier viel sichtbarer als noch vor einigen Jahren.

Kutz: Wir wissen noch gar nicht sicher, was mit demr Gebäude am Gräpelweg nach unserem Umzug passiert. Das Gebäude fällt an den Bezirk, und er wird darüber entscheiden.. Im neuen KörberHaus planen wir mit einem Mietvertrag über 20 Jahre, plus der Option, weitere 10 Jahre zu verlängern: Das tun wir doch nicht, um Bergedorf den Rücken zu kehren. „Rettet das HiP“ ist in dem Zusammenhang der falsche Slogan. Wir wollen und werden in Bergedorf weiter tätig sein.

Was sind aus ihrer Sicht die Auslöser der Proteste?

Meister: Manche Menschen möchten gar keine Veränderungen, sie machen eine Art Gewohnheitsrecht geltend. Das gilt sowohl für den Standort im Villengebiet wie auch für die Angebote. So nachvollziehbar dies aus persönlicher Sicht erscheinen mag, eine Stiftung muss in die Zukunft schauen.

Der geplante Verzicht auf das Bewegungsbad hat reichlich Ärger ausgelöst. Sollen Therapie und Prävention künftig keine Rolle mehr spielen? Wird das geplante Körber-Haus nur noch Anlaufstelle für gesunde Alte und junge oder junggebliebene Senioren?

Kutz: Natürlich nicht. Wir engagieren uns weiter in den Bereichen Prävention und Therapie. Aber Turnen auf Teppichboden oder Tanz im zugigen Foyer sind ebenso wenig die Zukunft, wie das Fehlen geeigneter Umkleidemöglichkeiten im Haus im Park. Dies alles wie auch Bewegungs- und Beratungsräume wird es am neuen Standort geben.

Aber kein Bewegungsbad.

Meister: Eine Physikalische Therapie mit Bad kann von unserer Stiftung nur im Rahmen eines Zweckbetriebes, der mit Krankenkassen abrechnet, angeboten werden. So eine Einrichtung hatte lange ihre Berechtigung, weil der Gesundheitsmarkt noch nicht so entwickelt war. Heute sagen wir: Es kann nicht dauerhaftes Ziel einer Stiftung sein, ortsansässigen Physiopraktikern Konkurrenz zu machen. Der Stifter, Kurt A. Körber, hat selbst gesagt, er wolle Anstifter sein. Das heißt nicht, eine 40 Jahre alte Einrichtung unhinterfragt fortzusetzen.

Was soll sich also ändern?

Meister: Unser Angebot gilt Menschen der Generationen 50 Plus. Das bedeutet: Wir müssen unsere Angebote aufweiten, um Menschen Mitte Fünfzig ebenso zu erreichen wie Mitte 80 oder älter. Die Menschen leben länger, haben, je nach Lebensalter und persönlicher Situation zunehmend mehr und andere Interessen.

Kutz: Nicht alle wollen ein ruhiges Refugium, viele wollen auch auf jüngere Menschen treffen. Die Vorstellungen sind dabei, zugegeben, höchst unterschiedlich. Wir wollen einen Ort schaffen, der für Menschen aus allen Stadtteilen und allen Schichten nutzbar wird, ein Kultur- und Begegnungszentrum für ganz Bergedorf.

Meister: Wobei wir natürlich unsere Klientel, die Älteren, weiter im Blick behalten. Eine Durchmischung Jung und Alt in allen Teilen des Hauses ist weder beabsichtigt noch sinnvoll.

Mischung ist auch in anderer Hinsicht ein Thema. Wie kann es gelingen, die Haupt- und Ehrenamtlichen von Haus im Park und Lichtwarkhaus zusammenzuführen? Der Awo-Seniorentreff und vieles weiteres funktioniert doch allein ehrenamtlich.

Kutz: Die Frage solcher Zusammenarbeit haben wir im HiP und im Lichtwarkhaus auch. Die Zusammenarbeit hauptamtlicher und ehrenamtlicher Mitarbeiter zu organisieren, ist immer eine Aufgabe.

Täuscht der Anschein, oder sind im reichen Villengebiet und unter den Awo-Senioren im Lichtwarkhaus nicht doch viele, die lieber unter sich bleiben wollen?

Kutz: Wir wollen und müssen die Grenzen der Stadtgesellschaft überwinden. Es kann nicht Aufgabe der Körber-Stiftung sein, eine soziale Spaltung in der Stadt zu konservieren. Wir haben uns bereits mit verschiedenen Gruppen zusammengesetzt. Kooperationen gelingen doch auch in anderen Hamburger Stadtteilen, etwa im Haus am See in Jenfeld, im Feuervogel in Harburg oder in der Horner Freiheit, wo jetzt die Awo mit dem Rauhen Haus kooperiert. Wir dagegen stehen noch ganz am Anfang. Eine Kooperation von Stiftung, öffentlicher Hand und weiteren Akteuren ist eher ungewöhnlich. Aber wir wollen ja auch nicht bereits nächstes Jahr umziehen.

Meister: Als große Stiftung haben wir bisher meist gesagt, wir sind stark genug, um alles allein selbst zu machen. Davon verabschieden wir uns jetzt in der Seniorenarbeit bewusst und setzen auf Kooperation.

Wie sind denn derzeit die Planungen? Im Bezirksamt wird ja bereits die Auslobung eines Architektenwettbewerbs vorbereitet.

Meister: Anstelle des alten Lichtwarkhauses soll das KörberHaus einschließlich Theatersaal neu entstehen. Nur Dank der Stiftung wird Bergedorf auch in Zukunft über einen modernen Theatersaal mit mehr als 400 Plätzen verfügen. Er wird wie bisher für Tourneetheater genutzt werden und auch für viele örtliche Kulturangebote, zum Beispiel von Schulen, Chören und Vereinen offenstehen.

Kutz: Unser Engagement basiert weiterhin auf zwei Säulen: Theater und Angebote für die Generation 50 Plus, und zwar für Kultur, Bildung und Gesundheit. Es wird die Aufgabe der Architekten sein, das Körber-Haus so zu planen, diese Angebote in Teilen des Gebäudes zu ermöglichen. Dabei muss zum Beispiel an Menschen, die Sitzgymnastik machen wollen, gedacht werden, oder an Demenzkranke, die klare, überschaubare Strukturen benötigen. Das Gebäude als Ganzes soll prinzipiell allen offen stehen. Wir denken an ein Café, wo sich Senioren oder Ehrenamtliche ebenso treffen können, wie Schüler zum Hausaufgabenmachen oder Bücherhallenbesucher für eine preisgünstige Cola danach.

Dennoch beklagen viele Senioren, dass der alte Standort im Villengebiet aufgegeben werden soll.

Kutz: Die Veränderungen werden für manche eine Herausforderung. Aber die Entscheidung steht. Die grundsätzliche Frage ist, wie geht man, wie gehen wir als Stiftung mit gesellschaftlichen Veränderungen um? Denn die gemeinnützige Körber-Stiftung hat den Auftrag, auf gesellschaftlichen Wandel zu reagieren. Unsere Gremien haben im Sinne Körbers entschieden, mit dem KörberHaus Alter und Kultur in die Mitte der Gesellschaft zu bringen, buchstäblich und auch im übertragenen Sinn. Das wollen wir zusammen mit anderen tun und hoffen, dass auch die heutigen Zweifler im neuen KörberHaus passende Angebote finden.