Bergedorf. Bergedorf. Völlig überraschend wurde die Unterkunft an der Kurt-A.-Körber-Chaussee geräumt. Warmwasser-Boiler brannten durch, Legionellen drohten.
Mit einem Großaufgebot an Hilfskräften ist am Sonnabend die Flüchtlingsunterkunft im ehemaligen Max-Bahr-Baumarkt evakuiert worden. Grund für den überstürzten Auszug der 600 Flüchtlinge waren massive technische Probleme mit den Sanitäranlagen, die auf dem Areal in Mobilcontainern untergebracht sind.
Sonderbusse holen Bewohner ab
Die Evakuierung an der Kurt-A.-Körber-Chaussee begann gegen 15.30 Uhr. Mit Sonderbussen der Hamburger Hochbahn wurden die Bewohner auf die Erstaufnahmen an der Osterrade, Hellmesberger Weg (Rahlstedt) und Schnackenburgallee (Bahrenfeld) verteilt. Feuerwehr, Technisches Hilfswerk und die Johanniter sorgten für die Betreuung und den Transport der wenigen Habseligkeiten. Die Flüchtlinge nahmen diese zumeist in Müllsäcken mit. Auch Kinderfahrräder wurden transportiert.
Defekte im Sanitärbereich
„Die technischen Probleme zu beheben würden eine bis eineinhalb Wochen dauern, so lange konnten wir die Situation hier nicht überbrücken“, erklärte Holger Poser vom Zentralen Koordinierungsstab Flüchtlinge (ZKF) der Hansestadt Hamburg. Laut Poser waren am Morgen die Boiler zur Warmwasserbereitung leergelaufen, so dass die elektrischen Heizstäbe durchbrannten. Poser: „Wir hatten eine Fachfirma hier, aber die sah keine Chance, den Schaden schnell zu beheben.“
Gerüchte über Legionellen
Gerüchte, wonach die Einrichtung wegen nachgewiesener Legionellen-Bakterien im Trinkwasser so kurzfristig geräumt wurden, bestätigte der ZKF nicht. Nach der anstehenden Reparatur müsse die Keimfreiheit des Wassers nachgewiesen werden, so Poser. Bei der Evakuierung habe es sich um eine Vorsichtsmaßnahme gehandelt. Aktuell gebe es in Hamburg genug freie Kapazitäten, um die Menschen in anderen Einrichtungen unterzubringen.
Matratze brennt: War es Brandstiftung?
Während des Umzugs brannte in der Halle zudem gegen 18.45 Uhr eine Matratze. Berufsfeuerwehr und Freiwillige Feuerwehr Nettelnburg waren im Einsatz. Einen technischen Defekt schließt die Polizei aus, sie ermittelt wegen Brandstiftung. „Durch den Rauchgasniederschlag ist die Halle großflächig verschmutzt und vorübergehend nicht bewohnbar“, sagt Polizeisprecher Holger Vehren.
Evakuierung verläuft ruhig
Unterschiedlicher könnten die Bilder kaum sein: Während der Einzug der Flüchtlinge im September in den ehemaligen Max-Bahr-Baumarkt chaotisch verlief, gab es am Sonnabend bei der Evakuierung keine Probleme. In den zurückliegenden Monaten hatte es immer wieder Kritik an den sanitären Einrichtungen und der mangelnden Privatsphäre in der Halle gegeben (wir berichteten).
Viele der Evakuierten schienen deshalb aufzuatmen, als sie in den Sonderbussen in Richtung Osterrade, nach Rahlstedt und Bahrenfeld saßen. Am Sonntag war das Gelände verwaist, nur zurückgelassene Kleidungsstücke und Handtücher erinnerten an die ehemaligen Bewohner. Security-Mitarbeiter patrouillierten über den leeren Hof.
Unterkunft soll weiter genutzt werden
Zwar sind die Flüchtlingszahlen seit Januar in ganz Deutschland und auch in Hamburg rückläufig, dennoch will der Zentrale Koordinierungsstab Flüchtlinge (ZKF) an dem Standort an der Kurt-A.-Körber-Chaussee festhalten. In Hamburg sind nach seinen Angaben die Erstaufnahmen zu 92 Prozent belegt, die Hansestadt will jedoch eine Reserve bereithalten – für den Fall, dass die Zahl der Schutzsuchenden trotz der geschlossenen Balkanroute wieder anzieht.
Der Mietvertrag zwischen der Hansestadt und dem Baumarkt-Eigentümer läuft aktuell noch bis September. „Ich gehe davon aus, dass der Betrieb hier nach der Reparatur weitergehen wird“, sagte Holger Poser, Koordinator der Erstaufnahmen beim ZKF. Dies sei wohl im Mai der Fall.