Bergedorf.

Man könnte sie auch „die Unvollständige“ nennen: Seit 2011 fehlt in der Gruppe von Skulpturen vor dem Marktkauf-Center ein Bronze-Torso. Er war wegen der Sanierung der Alten Holstenstraße abgebaut und 2014 vom Bergedorfer Bauhof gestohlen worden. An solchen Kunstwerken hat Hamburg offenbar kein Interesse – so lässt sich zumindest die Antwort des Senats auf eine Anfrage der Partei Die Linke lesen.

„Die Freie und Hansestadt Hamburg schließt grundsätzlich keine Versicherungen für Kunstwerke ab, sondern übernimmt entsprechende Sicherheitsleistungen selbst“, heißt es in der Antwort. Der Haken: Das Bezirksamt Bergedorf betrachte „eingelagerte Kunstwerke nicht als Wirtschaftsgüter“. Diese würden nicht inventarisiert – Bergedorf weiß also nicht, wie viel die eingelagerte Kunst wert ist. „Für uns stellen die Werke keinen Wiederverkaufswert dar“, sagt Bezirksamtssprecher Dr. Andreas Aholt.

Für den Bergedorfer Bürgerschaftsabgeordneten Stephan Jersch (Linke) ist das ein Unding: „Die Antwort des Senats zeigt, was zu befürchten war. Kunstwerken im öffentlichen Raum wird seitens der Stadt kein Wert zugebilligt“, sagt der Mitverfasser der Anfrage. Künstler oder Mäzene könnten nur darauf hoffen, dass ihre Werke von Schäden verschont bleiben. „Das ist definitiv nicht der Anspruch, den eine Stadt wie Hamburg haben sollte“, kritisiert Jersch.

Prof. Rolf Thiele, Urheber der Skulpturengruppe, zeigt sich enttäuscht: „Ich bin nach wie vor der Ansicht, dass sich das Bezirksamt der mangelnden Fürsorgepflicht und Verletzung des Urheberrechts schuldig gemacht hat.“ Ihm bliebe nur die Möglichkeit, Ersatz einzuklagen, aber diesen Weg beschreite er bewusst nicht. „Kunst muss man wollen“, so Prof. Thiele. Er habe einige Vorschläge gemacht und sei nach wie vor auch bereit, für Ersatz zu sorgen.

Das Problem: Nach einer Schätzung des Künstlers würde es 50 000 Euro kosten, den Torso neu zu gießen und wieder aufzubauen – eine Summe, die der Bezirk aus seinen Haushaltsmitteln nicht aufbringen kann. Ihm standen 2015 für die Unterhaltung von Kunst im öffentlichen Raum und Sitzbänken gerade 15 000 Euro zur Verfügung. „Wenn es Spender geben würde, die sich für die Skulpturengruppe engagieren, würde uns das freuen“, sagt Bezirksamtssprecher Aholt. Realistisch ist diese Hoffnung wohl nicht.