Bergedorf. Bergedorf. Jetzt also doch: Nach Jahren des Streits peilt die SPD das Großprojekt an. Erste Gespräche laufen jetzt an.
Viele Jahre war es so etwas wie das letzte Tabu der Stadtplanung. Dennoch holt die SPD Bergedorf jetzt Oberbillwerder zurück auf die politische Agenda – jene Idee für eine Großsiedlung nördlich von Neuallermöhe-West, die in den 1990er-Jahren zu den Akten gelegt wurde. Vor allem mit Blick auf die Nachverdichtung und soziale Probleme im angrenzenden Neuallermöhe galt „Ballermöhe“ lange als Symbol einer drohenden Fehlplanung.
"Für Hamburger und junge Familien"
Nun die Kehrtwende: Die SPD Bergedorf möchte auf den Wiesen zwischen S-Bahngleisen und Billwerder Billdeich einen Stadtteil „für Hamburger und junge Familien“ bauen – mit Schule, Nahversorger, Kitas, so sagt Bergedorfs SPD-Vorsitzender Ties Rabe.
5000 bis 7000 Wohnungen könnten in den nächsten zehn bis 15 Jahren dort entstehen. In Einzel-, Doppel- und Reihenhäusern, wie auch in mehrgeschossigen Gebäuden wäre Platz für etwa 10.000 bis 15.000 Bewohner. 70 Hektar Fläche gehören bereits der Stadt. Landwirte in Billwerder ahnten bereits Ungemach, seit ihnen städtische Flächen für jeweils nur noch ein Jahr verpachtet werden.
Behörden, Bürger und Verbände mitnehmen
Aktuelle Planungen gibt es noch nicht. Zugleich herrscht großer Mangel an Wohnungen in Hamburg, zeitgleich sinkt die Zahl von preisgünstigen Sozialwohnungen rapide, weil viele Jahre keinen neuen gebaut wurden.. Die SPD will Oberbillwerder jetzt anschieben, es soll Gespräche und erste Anträge geben.
Bergedorfs SPD-Fraktionschef Paul Kleszcz betont, wie wichtig es sei, die Menschen mitzunehmen: „Wir müssen im Gespräch bleiben“, alle Beteiligten – Fachbehörden, Bürger, Lobbyverbände – sollen eingebunden werden. Der Bezirk müsse dabei die Planungshoheit behalten. Das neue Quartier soll ein regulärer Stadtteil werden, kein rasch hochgezogenes Projekt, um den akutellen Zustrom von Flüchtlingen zu bewältigen wie etwa auf dem Gleisdreieck Billwerder westlich.
Oberbillwerder bleibt Politikum
Der SPD-Kreisvorsitzende Ties Rabe weiß, dass Oberbillwerder dennoch ein „Politikum ist“. Doch Bergedorfs Sozialdemokraten sehen angesichts schwindender Wohnungsbauflächen keine andere Möglichkeit, den Zuzug von Menschen zu bewältigen: „Wir haben immer versucht, das Bauen auf der grünen Wiese zu umgehen“, versichert Kleszcz. Doch die Möglichkeiten im innerstädtischen Bereich seien endlich, auch Nachverdichtung werden nicht mehr ausreichen.
"Positive Vorbilder gibt es bereits"
Dass Bergedorf lebenswerte Großquartiere realisieren könne, würden Siedlungen wie der Dorfanger Boberg zeigen, meint Ties Rabe. In Neuallermöhe-West sei jedoch eine falsche Entscheidung getroffen worden, als dort zu 50 Prozent Sozialwohnungen entstanden. Deshalb werde man jetzt „auf die Fehler der Vergangenheit schielen“.
Auch in der Planungszeit dürfe nicht möglichen Verlockungen nachgegeben werden, „das Areal flächendeckend mit fünf Geschossen zuzuknallen“. Von der SPD durchgesetzte Nachverdichtungen am Reinbeker Redder haben jüngst für Zündstoff gesorgt. Nun muss die Fraktion Überzeugungsarbeit für Oberbillwerder leisten.
Grüne fordern anspruchsvolle Planung
Die Grünen zeugen sich bestenfalls „nicht abgeneigt“, sagt Fraktionschefin Liesing Lühr. Allerdings nur unter der Bedingung einer „sehr anspruchsvollen Planung“.
Zusätzlich brisant: Wenige Hundert Meter entfernt schwelt der Streit um Hamburgs ersten Flüchtlingsstadtteil im Gleisdreieck Billwerder und den Masterplan Mittlerer Landweg.