Lohbrügge/Hamburg. Lohbrügge. Winzige Plastikteilchen im Wasser sind wie Magneten für giftige Schadstoffe und können in die Nahrungskette gelangen .

Umweltbiologen der Bergedorfer Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) sind seit Dienstag auf dem Hamburger Forschungsschiff „Aldebaran“ unterwegs, um die Gewässerböden von Elbe, Weser, Nord-Ostsee-Kanal und Ostsee auf Belastung mit Mikroplastikteilchen zu untersuchen.

„Die Suche nach Mikroplastikmüll in Gewässern und Sedimenten ist wie die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen“, sagt die HAW-Projektleiterin Prof. Dr. Gesine Witt, „denn bis heute gibt es kaum zuverlässige Informationen, wo sich die unterschiedlich großen Teilchen nach ihrem Gebrauch im Gewässer oder im Sediment sammeln.“

Wie Magneten für Schadstoffe

Fatal ist aber nach Auskunft der Forscher die Erkenntnis, dass sich die winzigen Plastikteile wie Magneten für hochgiftige Schadstoffe verhalten und auf ihrer Reise ins Meer einen wahren Giftcocktail an sich binden können. Da solche Giftcocktails im Elbschlick über Würmer, Muscheln und weiter über die marine Nahrungskette auch vom Menschen aufgenommen werden können, ist das Thema Plastikmüll und angelagerte Giftstoffe für die Wissenschaftler so brisant.

„In unseren Flüssen stammen diese Mikroplastikteile nicht nur von jahrelang verwittertem und zersetztem Plastikmüll, sondern überwiegend aus den Klärwerken“, erläutert die Umwelt-Professorin. Dort werden sie wegen ihrer geringen Größe von den Filteranlagen nicht erfasst. Ihr Ursprung sind laut Gesine Witt moderne Konsumprodukte wie Zahnpasta, Make-up oder Textilien.

Verbraucher können etwas tun

„Wer Zahnpasta mit Polyethylen statt der herkömmlichen Schlämmkreide benutzt oder seinen Fleece-Pulli in der Waschmaschine wäscht, befördert diese Plastikteilchen in unsere Gewässer“, sagt Dr. Gesine Witt. Sie binden insbesondere fettliebende Giftstoffe wie Pestizide, krebserregende Dioxine und auch PCBs.

Bereits im Juni war das Forscherteam mit der „Aldebaran“ auf Elbe, Weser, Nord-Ostsee-Kanal und Ostsee unterwegs und hat dort an insgesamt 40 Punkten Mikroplastik-Schadstoffsammler auf dem Grund platziert. Das sind trinkbechergroße Kupfertrommeln, die mit mikroskopisch kleinen Silikonfasern bestückt sind.

Verschiedene Sammelstellen für Proben

Sammelstellen in der Elbe befinden sich bei der Elbphilharmonie, an der Kehrwiederspitze, am Oevelgönner Museumshafen, gegenüber Airbus auf Finkenwerder, in Brunsbüttel, an der Störmündung und beim Passagierhafen „Alte Liebe“ in Cuxhaven. „Weil die Wasserbehörden unser Projekt unterstützen, durften wir die Sammler mit Schnüren an Seezeichen befestigen, was sonst streng verboten ist“, freut sich „Aldebaran“-Chef Frank Schweikert.

Gestern starteten die HAW-Forscher zu ihrer zweiten, etwa 2000 Kilometer langen Tour mit der „Aldebaran“. In den kommenden zwei Wochen holen sie die 40 Probensammler wieder aus dem Wasser, um ihren Inhalt in den Laboren der HAW am Höperfeld in Lohbrügge auszuwerten.

„Wir hoffen auf wertvolle Erkenntnisse, welche Plastiksorten besonders häufig in unsere Gewässer gelangen und welche Kunststoffe besonderes anziehend für Giftstoffe im Wasser sind“, sagt Dr. Gesine Witt. Daraus ließen sich Empfehlungen und Richtlinien für die Industrieproduktion ableiten.