Bergedorf. Bergedorf. Carsten Schniedewind weiß, wie man Party macht. Seit mehr als 30 Jahren ist der Musiker, Gastwirt und DJ im Geschäft.

Carsten Schniedewind ist ein Mann, den so schnell nichts aus der Ruhe bringt. Doch bei Helene Fischer platzt ihm der Kragen: „Das ist doch keine Musik. Das ist Plastik.“ Bislang ist es ihm gelungen, den derzeit so angesagten Schlagerhit „Atemlos“ noch auf keiner Party aufzulegen. Und Schniedewind bleibt sich treu – auch nach mehr als 30 Jahren im Geschäft. Am Freitag feiert er seinen 60. Geburtstag.

Die Liebe zur handgemachten Musik entdeckte Schniedewind als 15-Jähriger. Als ein Freund anfing, Gitarre zu lernen, schloss er sich an, brachte sich selbst bei, den E-Bass zu spielen. Schon bald war er Mitglied einer Band, mit der Gruppe Aufwind trat er bei den kultigsten Events auf, in der Fabrik, im Onkel Pö, auf dem Wutzrock-Festival. Ein von Groupies Verfolgter war er nicht, eher der zurückhaltende E-Bassist, wie er sagt.

Die Partys in der "Keuschen" waren legendär

Nach ein paar Jahren auf der Bühne, die er mit seiner Arbeit als Erzieher in einer Behinderteneinrichtung in Fünfhausen finanzierte, zog es ihn hinter die Theke. Er wagte den Schritt, eröffnete 1984 mit drei Freunden in Börnsen die Gaststätte „In Keuschheit und Demut“, die er nach einem Jahr allein weiterführte. Die „Keusche“ wurde mit ihren Live-Konzerten zu einer der legendärsten Läden im Raum Hamburg.

Wenn Schniedewind sich an diese Zeit erinnert, wird er wehmütig. „Solche Kneipen gibt es heute nicht mehr. Damit lässt sich auch kein Geld mehr verdienen“, sagt der gebürtige Wandsbeker. Die jungen Leute würden lieber zu Hause auf dem Sofa ihr Bier trinken, allerhöchstens mal auf den Kiez fahren.

Nach acht Jahren in Börnsen und viel Stress mit den Nachbarn, die auf die Sperrstunde um 24 Uhr pochten, gab Schniedewind die „Keusche“ auf. Nach einem gescheiterten Versuch, das Zollenspieker Fährhaus zu kaufen, eröffnete er 1994 das Restaurant Schniedewind an der Holtenklinker Straße und 1997 parallel das Schloss Hasenhof in Lohbrügge. Eine Herausforderung, an der Schniedewind 2002 scheiterte. Er musste Insolvenz anmelden.

Auch nach der Insolvenz gab er nicht auf

Danach stand Schniedewind vor einem großen Scherbenhaufen. Doch wie ein Stehaufmännchen rappelte er sich wieder auf, ließ sich zum Bürokaufmann ausbilden. „Ich musste irgendwie lernen, besser mit Zahlen umzugehen“, sagt der 60-Jährige. Seit 2008 arbeitet er als Lagerverwalter im Zollenspieker Fährhaus, sorgt als DJ Hase auf etlichen Partys, Geburtstagen und Hochzeiten für Stimmung.

Ob er jemals wieder eine Kneipe eröffnen würde? „In den Fingern juckt es mir schon, gerade weil in Bergedorf so ein Szeneladen fehlt“, sagt Schniedewind. Aber in der Innenstadt würden Leerstände eher an ein Sonnenstudio oder eine Bank vermietet als an eine Gaststätte. „Dabei würde so ein Laden endlich wieder Leben nach Bergedorf bringen“, sagt er.

Einen Versuch, die Zeiten von damals aufleben zu lassen, unternimmt Schniedewind derzeit im Tschako im Suhrhof. Im Frühjahr startete dort die Disco-Reihe „Hasentanz“, die jeden letzten Sonnabend im Monat (Ausnahme Juli) geplant ist. Wichtig ist ihm dabei, authentische Musik zu spielen – so wie früher.