Geschichtsrundgang: Sieben neue Tafeln erzählen von Vergnügen, Wohnen und Tod von 100 Jahren
Vor 100 Jahren war Lohbrügge noch ganz anders als Bergedorf. Hier vergnügte sich die gutbürgerliche Jugend des Städtchens in Tanzlokalen und Pinten, steuerten Familien sonntags Ausflugslokale an. Lohbrügge galt immer als etwas verrucht, war es doch geprägt von den vielen hier wohnenden Arbeitern, die im Eisenwerk, den Ziegeleien und auch Bergedorfs Fabriken arbeiteten.
Einen Blick zurück in jene Zeit, als zwischen den heutigen Stadtteilen noch die Grenze zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg verlief, gewährt der Lohbrügger Geschichtsrundgang. Gestern wurde er von Bezirksamtsleiter Arne Dornquast um sieben auf jetzt 13 Stationen erweitert. An jedem einzelnen Stopp erläutert eine großflächige Schautafel mit Foto und reichlich Text über grün-blauer Bergedorf-Welle einen geschichtsträchtigen Ort. Stand bisher das Umfeld der Fußgängerzone im Fokus des Rundgangs, reicht die Erweiterung jetzt entlang des Höperfelds bis hinein in die Sander Tannen und sogar bis hinüber zum alten Schützenhof an der Lohbrügger Landstraße, damals ein beliebtes Ausflugslokal.
"Der erweiterte Rundgang hilft Lohbrügge, ein Stück aus dem Schatten der großen Schwester Bergedorf zu treten", wies Dornquast bei der Eröffnung auf die vielen Entdeckungen hin, die die Tour zu bieten hat. So hat jetzt das einstige Ballhaus Eckermann an der Ecke Höperfeld/Höperstieg eine Tafel, die es unter anderem als Gründungsstätte des ASV Bergedorf 85 und der Lohbrügger SPD ausweist. Weitere Tafeln stehen unter anderem an der fast original erhaltenen Arbeiterwohnungs-Straße Klapperhof und bei der 1896 als Lohbrügges erster Vorschule gebauten "Warteschule", heute Kita "Ratz und Rübe".
Auch die Aussegnungshalle der Erlöserkirche an der Marnitzstraße hat eine Tafel. Zu diesem Backsteinbau, der heute die Griechische Gemeinde beherbergt, steuerten Zeitzeugen gestern mündlich noch einige Details bei. So sollen alle Toten hier drei Tage und drei Nächte aufgebahrt worden sein, bevor sie auf dem benachbarten Friedhof beigesetzt wurden. Hintergrund: Die Angst vorm Scheintod war riesig.
Die Geschichtstafeln sind ein Gemeinschaftsprojekt der Lohbrügger Geschichts-AG mit Stadtteilbüro und Kultur- & Geschichtskontor. Wer sie bei einem geführten Rundgang erkunden möchte, hat dazu am Sonntag, 7. Juni, ab 14 Uhr Gelegenheit. Treffpunkt ist am Lohbrügger Ausgang des Bergedorfer Bahnhofs.